: Werbung für einen „guten Freund“
Die Krise der Hauptstadtbanken geht in die nächste Runde. Der Berliner Filmproduzent Artur Brauner springt für den geschaßten Grundkreditbank-Chef Jürgen Bostelmann in die Bresche ■ Von Hannes Koch
Berlin (taz) – In der Berliner Bankenkrise schlagen die Wellen höher und höher. Der einflußreiche Filmproduzent und Studiobesitzer Artur „Atze“ Brauner ist mit einer fetten Zeitungsanzeige gerade für einen befreundeten, von der Kündigung bedrohten Bankvorstand in die Bresche gesprungen. „Jürgen Bostelmann muß weiter bleiben, was er ist, nämlich Direktor und Geschäftsführer der Grundkreditbank“, ließ Brauner im Tagesspiegel drucken. Ansonsten werde er die „gesamten Geschäftsbeziehungen zur Grundkreditbank kündigen“ und allen seinen Freunden raten, dasselbe zu tun, schrieb der Filmmogul.
Anlaß der öffentlichen Parteinahme: Bankchef Bostelmann residiert auf einem Schleudersitz. Gestern abend – nach Redaktionsschluß – beriet der Aufsichtsrat, ob Bostelmann durch Bedo Panner, Vorstand der Deutschen Genossenschaftsbank in Frankfurt am Main, ersetzt wird. Das Spitzeninstitut der deutschen Genossenschaftsbanken muß der angeschlagenen Grundkreditbank finanziell unter die Arme greifen, und Vorstand Panner könnte gerufen werden, um Ordnung zu schaffen.
Nach einem steilen Aufstieg mußte Noch-Vorstand Bostelmann kürzlich Verluste von mindestens 110 Millionen Mark einräumen. Wie andere Institute im deutschen Osten, leidet die Grundkreditbank unter den einbrechenden Immobilienpreisen. Die an Bauinvestoren vergebenen Kredite übersteigen mittlerweile häufig die Marktwerte der Grundstücke und Gebäude. So muß die Differenz zwischen Kredit- und realem Immobilienwert als möglicher Verlust verbucht werden.
Filmproduzent Brauner und mit ihm ein wichtiger Teil der Kunst- und Kulturszene der Spreestadt fürchten nun um den speziellen, durch langjährige Bekanntschaft beförderten, Zugang zu günstigen Finanzierungskanälen. Denn Banker Bostelmann ist als Manager bekannt, der für BildhauerInnen und MusikerInnen ein offenes Ohr hat; als Kunstmäzen hat er sich einen Namen gemacht.
Die Frankfurter Banker werden diesem Treiben vermutlich ein Ende bereiten. Selbst die Fusion der Grundkreditbank mit der aus den gleichen Gründen notleidenden Köpenicker Bank und der Berliner Volksbank ist schon im Gespräch. Sollte Kreditbanker Jürgen Bostelmann seinen Hut nehmen müssen, wäre er nicht der erste. Bei der Bankgesellschaft Berlin, dem beherrschenden Institut der Stadt, büßten vier Vorständler ihre Posten ein, weil möglicherweise Kredite in Höhe von 2,5 Milliarden Mark futsch sind. Die bedachten Industrieunternehmen gingen im Aufschwung Ost unter.
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