■ Wenn Manfred Kanther Frauen fördert: Feministisches Fünf-Tage-Flennen
Fünf Tage lang wird die „literaturWERKstatt berlin“ zum Umschlagplatz allerneuester Frauenforschung. „Weiblich – den verschwindenden Körper – schreiben?“ heißt die heute beginnende Veranstaltungsreihe, über die vorab folgende Auskunft zu erhalten war:
„Während unsere Medienlandschaft von Bildern des weiblichen Körpers überschwemmt wird,“ – es also nach der Asylantenschwemme jetzt eine Körperschwemme gibt? – „thematisieren von Frauen geschriebene Texte wie auch die gegenwärtige feministische Theorie vor allem das ,Verschwinden‘ oder die Negation des weiblichen Körpers. Besteht angesichts der Überfrachtung mit Bildern die einzige Möglichkeit eigener, nicht normativ vorgegebener Körpererfahrung in der Auflösung jeglicher Vorstellungen vom Körper? Denkt man an den Krieg in Jugoslawien, in dem der Körper von Frauen unter Rückgriff auf archaische Muster zum Objekt männlicher Kriegsstrategie wurde,“ – was, weniger verquollen ausgedrückt, Vergewaltigung meint – „stellt sich aber die Frage: Können es sich Frauen leisten, auf eigene Körperbilder und Entwürfe eines selbstbestimmten Körperverhältnisses zu verzichten?“
Verschwiemelte, akademisch aufgemotzte Reklame für einen Frauenworkshop Body-Painting, könnte man denken, aber das stimmt so nicht: Es ist Reklame für nicht mehr ahnbare verschwiemelte Aktivitäten im akademischen Milieu. Und klingt wie beim Oberangeber Botho Strauß gelernt – wie anschwellender Gemsengesang:
„12.5. Gespenster und Verführungen – Sigrid Weigel und Marlene Streeruwitz
Mod.: Astrid Dettber-Mankowsky
13.5. Körperschwelle oder der Monolog der toten Frau – Bozeng Choluj + Noune Barsegian
Mod.: Regula Venske
14.5. ,Womanism‘ und Bärtige Frauen – Chikwenye Okonjo Ogunyemi + Wanjira Muthoni
Mod.: Flora Veit-Wild
15.5. Reproduktionsapparate und Zwerginnen – Gerburg Treusch-Dieter + Sara Maitland
Mod.: Sabine Hark
16.5. Bürger-Männer-krieg und Frauenkörper – Zarana Papic + Emily Nasrallah
Mod.: Ulrike Ackermann
Weil der nach menschlichem Ermessen ziemlich stille Monolog der toten Frau genauso politisch ist, wie bärtige Frauen, Gespenster und Zwerginnen das sind, findet das feministische Fünf-Tage-Flennen „mit freundlicher Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung“ statt; aus den nämlichen Gründen helfen auch „das Österreichische Ministerium und die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia“ (respektive „Pro Regula“) mit. Nicht nur Politik, sondern gleich Literatur entsteht, wenn man „Bürger-Männer- krieg“ schreibt, weshalb auch die „Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften e.V.“ Geld zuschießt, und zwar „aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern“.
Ist das nicht himmlisch und wie in Grimms Märchen so schön? Manfred Kanther unterstützt den Womanismus? Tanzt wild Veits mit Flora Veit-Wild? Beendet per Endsieg den Männer-Krieg?
Kann Kanthers Dauerkunde Bernd Eichinger das nicht verfilmen? Zu Weihnachten, als Trilogie: Don Manfredo und die Zwergin / Manni und die Monologe / Kanther und die Körperfrauen? Mit einem Dokumentarfilm über die Dreharbeiten, Titel: Die Welt der Frau als Willis falsche Vorstellung?
Das wäre gerecht. Wiglaf Droste
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