Irgendwie in eigener Sache: „BILD kämpft für die taz“
■ Radio Bremen 2-Moderator Wolfgang Rumpf über die taz-Werbekampagne mit Mao und Ho
Folgender Beitrag ist am Dienstag als „Zwischenruf“im „Journal am Morgen“auf Radio Bremen 2 erschienen. Journal-Redakteur (und taz-Fußballkommentator) Wolfgang Rumpf macht sich Gedanken über die taz-Genossenschafterkampagne:
Wir sind ja einiges gewohnt – was den Erfindungsgeist der Werbetexter angeht. Griffige Werbespots und gängige Slogans sinken ja häufig sogar in die Alltagssprache ab, und manch einer, der sich musikalisch glaubt, singt ganz beschwingt: Nichts ist unmöglich...
Unser Gedächtnis arbeitet in jedem Fall – auch nach der Menschheits-Schmach durch Deep Blue – zuverlässig. Wir kennen sogar noch den längst verstorbenen Marlboro-Man und das in die Luft gegangene HB-Männchen. Wir betrachten mit einer Mischung aus Interesse und Genervtsein die sprachlichen Verballhornungen, die die Branche immer wieder hervorbringt. Das König der Biere lockt ganz und gar ohne Rechtschreibreform ebenso wie der frei an Michael Gorbatschow angelehnte Slogan einer Bank: Wer zu spät kommt, den bestraft nicht etwa das Leben oder die Kreditabteilung, sondern „Wer zu spät kommt, den bestraft der Zinsanstieg“.
Besonders kurios nimmt sich derzeit die Kampagne der alternativen tageszeitung taz aus Berlin aus. Die Redaktion residiert zwar inzwischen nicht mehr im roten Wedding, sondern im schmucken Eigenheim gegenüber dem Checkpoint Charlie, aber um die Finanzen steht es schon seit der Gründung des Blattes 1979 nicht zum besten. Immer wieder dramatische Abonnenten-Werbung – und jetzt sollen die Leser den alternativen Betrieb mit den alternativen Gehältern auch noch kaufen!
Dafür läßt die taz, die Zeitung mit den mitunter genialsten Überschriften, alle altlinken Kämpen und Chefideologen aufmarschieren, die eines eint: Kapitalismus und Privateigentum hielten sie für einen kompletten Systemfehler. Vietnams Ho-Ho-Ho Chi Minh ruft jetzt nach Ho-Ho-Honorar für die taz-Auslandskorrespondenten, Chinas Mao nach der Tsei-tung und der cubanische Maximo Líder Fidel Castro schreit „Schweine bucht!“
Wer mag noch kommen, um die Leser von der taz-Genossenschaftseinlage zu überzeugen? Vielleicht Carlo Sponti und Bernd Rabehl, KD Wolff oder gar Ulrike Meinhof? Wir schlagen im Zuge der postmodernen Einebnung gesellschaftlicher Antagonismen und politischer Konvergenzen folgendes vor: Konrad Adenauer für die taz nach dem Motto „Eine Zeitung nicht nur für Soffjets“und Axel Cäsar Springer singt „Nun freue Dich auf die taz“.
Heiner Geißler preist das Blatt als Herr Keuner im Brechtmantel (Motto: Herr K. erbleichte), und wir alle freuen uns auf die tägliche Kolumne von Peter Bönisch: „BILD kämpft für die taz!“ Wolfgang Rumpf
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