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„Die Deutschen sind satt“

■ Kraft Jacobs Suchard klagt über Umsatzrückgänge. Dennoch stimmt der Gewinn durch neue Strukturen und Entlassungen

„Die Deutschen sind satt.“Zu dieser Erkenntnis gelangte gestern die Führungsetage der Bremer Gesellschaft Kraft Jacobs Suchard (KJS) in ihrer Jahresbilanz. Sowohl im Kaffee-, als auch im Käse- und Süßwarengeschäft sind die Umsätze zurückgegangen, so die Bilanz 1996 von KJS. Insgesamt sank der Umsatz von 4,6 Milliarden Mark (1995) um sechs Prozent auf 4,3 Milliarden Mark im vergangenen Jahr. Der Absatzrückgang konnte dagegen gebremst werden. Er betrug 1996 nur noch 1,6 Prozent. Das entspricht 413.000 Tonnen.

Ganz im Gegensatz dazu konnte der Konzern seinen Gewinn um 90 Millionen Mark auf 210 Millionen Mark steigern. Nach Angaben von KJS-Deutschland-Chef Bernhard Huber konnte dieses Plus durch mannigfaltige Strukturveränderungen im Konzern erzielt werden. So wurde ein einheitlicher Vertrieb etabliert, die Verkaufsagenturen von fünf auf zwei Standorte eingedampft. Gleiches gilt für die Logistik-Organisation. Statt drei Standorten gibt's nur noch einen. Der Wermutstropen im Firmenplus sind jedoch Werksschließungen. Drei Unternehmen im Bereich Käse und einer im Bereich Süßwaren wurden geschlossen.

Dadurch mußten im vergangenen Jahr 333 MitarbeiterInnen entlassen werden. KJS-Finanzdirektor Udo Hollstein schätzt, daß in diesem Jahr weitere 150 Personen folgen. Etwa ein Drittel des Abbaus vollzog sich in Bremen. Laut Hollstein wird sich diese Entwicklung auch in den kommenden Jahren fortsetzen. „Der Markt ist einfach rückläufig“, so Hollstein.

Unter anderem leidet der Bremer Branchen-Primus unter den explodierenden Kaffee-Preisen. Huber: „Solche Kostensteigerungen beim Rohkaffee wie im vergangenen halben Jahr, haben wir noch nie erlebt, ohne das Dürren oder Frost in den Herkunftsländern schuld gewesen wären. Für die aktuelle Entwicklung haben wir selbst nur eine mögliche Erklärung.“Demnach würden die Rohkaffeepreise durch gesteigertes Qualitätsbewußtsein bei nordamerikanischen Einkäufern verknappt. Zudem seien möglicherweise die Lagerkapazitäten etwa in Brasilien allmählich erschöpft.

Vor diesem Hintergrund schloß Huber eine dritte Kaffeepreis-Erhöhung nicht aus. „Eine einzige Kaltfront über Argentinien reicht aus“, frozzelte er. Bisher stieg der Preis für Endverbraucher um fünf Mark pro Kilogramm. Eine weitere Steigerung um zwei Mark sei quasi unvermeidbar. „Damit ist dann aber eine Verkaufsbarriere erreicht. Danach sackt der Verbrauch ab, so daß eine weitere Preiserhöhung ausgeschlossen ist“, sagt Huber.

Abgesackt ist auch das Investitionsvolumen bei KJS. Investierte der Konzern 1995 noch 173,9 Millionen Mark in neue Anlagen, waren es im vergangenen Jahr nur noch exakt 100 Millionen Mark. Letztere entsprächen dem Abschreibungsvolumen und würden sich dementsprechend in den kommenden Jahren halten, hieß es.

Ein Teil der Investitionen floß in den Umweltbereich. Unter anderem in das Berliner Röstkaffeewerk, um dieses auf das Umweltmanagementsystem gemäß ISO 14001 umzustellen. Durch eine weitere Vielzahl von Maßnahmen konnte KJS den Energieverbrauch seit 1991 nach eigenen Angaben um 15 Prozent und den Wasserverbrauch um 28 Prozent senken. „Das entsprich den Zielen, die wir uns gesteckt hatten“, so Hollstein. Erfolgreich sei auch das Job-Ticket, das man den MitarbeiterInnen anböte. Die Belegschaften der Bremer Werke können damit verbilligt öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Auf „schlechte Akzeptanz“sei das Kooperationsprojekt „Move“gestoßen, um vor allem Fahrgemeinschaften zu etablieren.

Die Benutzung von genverändertem Soja lehnt KJS nach eigenen Angaben übrigens weiter ab. Allerdings sei es zunehmend schwieriger, konventionelles Soja zu verwenden. „Das haben Vorfälle in der Schweiz gezeigt, wo auch KJS unwissentlich Lecithin verarbeitet hat“, so KJS-Sprecher Rolf Sauerbier. Schuld sei die uneinheitliche Rechtslage nach der sogenannten Novel-Food-Verordnung der EU. Sauerbier: „Die Regelungen sind so unbestimmt, daß sie ohne klare Durchführungsbestimmungen praktisch nicht vollziehbar sind.“ Jens Tittmann

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