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Hochhackige Schuhe und Kamelrennen

Zum zweiten Mal startet die „Schaustelle Berlin“. Mit 1.300 Führungen wurde das Programm gegenüber 1996 verdreifacht. Bau(stellen)kunst und Hauptstadtkultur diesmal gemeinsam  ■ Von Uwe Rada

Berlin dreht sich wieder einmal um sich selbst. Das Karussell heißt – nun schon zum zweiten Mal – Schaustelle Berlin und soll diesmal nicht nur Berliner, sondern auch auswärtige Besucher auf die Baustellen der Hauptstadt locken.

War das Baustellenspektakel Schaustelle vom Chef der Marketing-Organisation „Partner für Berlin“, Volker Hassemer, im vergangenen Jahr praktisch aus dem Stand organisiert, gilt in diesem Jahr die Parole „Schneller, höher, mehr“. Mit 1.300 Touren, Führungen und Besichtigungen hat sich das Angebot nahezu verdreifacht. Schwerpunkte der bis zum 31. August währenden Besichtigungstour sind diesmal insbesondere die Bauten der Bundesministerien sowie die Besichtigung bereits fertiger Gebäude wie des Philipp-Johnson-Hauses (44 Führungen) am Checkpoint Charlie oder des debis-Gebäudes des japanischen Architekten Arata Isozaki am Potsdamer Platz (200 Führungen).

Aber auch an anderer Stelle können sich Berlin-Besucher wie Einheimische der Ausstrahlungskraft der Stadt vergewissern. Zum Beispiel in den Hackeschen Höfen. Dort, so freuen sich die Veranstalter, gibt es nun den ersten Sommer, „in dem man sich getrost in hochhackigen Schuhen und frischgebügelten Anzügen bewegen kann“. Aber auch vor den Toren Berlins darf unter fachlicher Anleitung gestaunt werden – etwa über die von der Herlitz AG gebaute Vorstadt Falkenhöh. Dazu kommen Führungen in Adlershof, Besichtigungen der ehedem olympisch gemeinten Sportstätten wie der Schmeling-Halle oder des Velodroms in Prenzlauer Berg sowie Touren durch die „eleganten Geschäfte“ der Friedrichstraße. Namentlich an diesem Ort dürften den Besuchern die mahnenden Worte der Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth im Ohr liegen, die bei der gestrigen Eröffnung der Schaustelle im Reichstagsgebäude darauf hingewiesen hatte, daß nicht nur die Herstellung von Gebäuden wichtig sei, sondern auch der Geist, der in ihnen herrsche.

Vom Berliner Geist beseelt ist in diesem Jahr auch Berlin-Partner Volker Hassemer, dessen Schaustellen-Devise in diesem Jahr offenbar „ganzheitlich“ lautet. Weil zum Standort Berlin nicht nur Kräne gehören, sondern auch irgendwie die Kultur, ist die Schaustelle deshalb Bestandteil des Sommerlochfüllspektakels „Sommerzeit 1997“. Dort locken unter anderem kulturelle Mega-Events wie das Classic-Open-air oder das erste Berliner Kamelrennen in Hoppegarten.

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