: Angestellte Dreiviertel-Lehrer
Künftig erhalten Jung-Lehrer in Hamburg nur noch Teilzeitstellen als Angestellte. GEW protestiert gegen „Vertrauensbruch“ ■ Von Karin Flothmann
Heute ist sein letzter Arbeitstag. Ab morgen kann sich Herwig Sünnemann arbeitslos melden – den Sommer über. Im August soll der 31jährige Gesamtschullehrer dann weiterarbeiten, als Angestellter auf halber Stelle zu netto 2200 Mark. Nicht gerade viel für einen Familienvater mit zwei Kindern.
Herwig Sünnemann ist kein Einzelfall. Rund 60 junge LehrerInnen protestierten gestern lautstark vor und in der Schulbehörde gegen die neue Einstellungspraxis in Hamburg. Denn ab August werden neue Lehrkräfte nicht mehr als Beamte beschäftigt und erhalten außerdem nur noch Teilzeitstellen. Frühestens in fünf Jahren besteht für sie die Möglichkeit, auf eine volle Stelle zu wechseln – allerdings nur dann, wenn sie im Jahr 2002 noch gebraucht werden.
Diese Regelung trifft auch auf all jene zu, die zur Zeit noch befristete Verträge haben. Und daß, so moniert GEW-Chefin Anna Ammonn, obwohl diese Junglehrer die Zusage erhalten hätten, sobald wie möglich als Vollzeit-Beamte übernommen zu werden. In einem offenen Brief an Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) schreibt Ammonn: „Ein solcher Vertrauensbruch ist skandalös und inakzeptabel.“
„Diese Zusage kann es nie gegeben haben“, hält Landesschulrat Peter Daschner dagegen. Immerhin sei die Schulbehörde abhängig von Beschlüssen der Bürgerschaft. Und die ersuchte die Behörde schon im Dezember 1996, künftig „neueingestellte Lehrer grundsätzlich als Angestellte zu beschäftigen.“Zudem ermögliche die neue Regelung der Behörde es, 172 neue Lehrer auf Dreiviertel-Stellen einzustellen, 35 mehr, als wenn es bei ganzen Stellen geblieben wäre.
Doch nicht nur zum Abbau von Lehrerarbeitslosigkeit soll die Maßnahme beitragen, sondern auch zur Verjüngung der Kollegien. Denn faktisch, so Daschner, seien die meisten Lehrer Hamburgs 48 Jahre alt – Durchschnitts- und tatsächliches Alter fallen hier zusammen. Herwig Sünnemann ist das egal. Er hat „eine Stinkwut im Bauch“und fühlt sich mißbraucht als lehrender Saisonarbeiter.
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