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■ SPD blockiert im Bundesrat die Koalitions-SteuerreformWaigel im Glück

Eigentlich ist es erstaunlich: Da will die Regierung die Steuersätze in noch nie dagewesener Weise senken, und dennoch hält sich die Entrüstung in Grenzen, daß der Bundesrat die in Aussicht gestellten Wohltaten abbürstet. Die einen waren mit Hinweis auf die soziale Unausgewogenheit und die Unfinanzierbarkeit schon immer dagegen, viele Befürworter sind inzwischen durch die Verwässerung der Reform vergrätzt, und alle wissen ohnehin, daß es vor der Bundestagswahl 1998 zu keiner Steuerreform kommen wird.

Dabei ist es nicht etwa so, daß eine Steuerreform als verzichtbar erachtet würde. In seltener Einmütigkeit sehen Union, SPD und Grüne angesichts von über vier Millionen Arbeitslosen Handlungsbedarf. Zudem sind sie sich in vielen Punkten einig. Beide wollen die Absenkung der Lohnnebenkosten, die Senkung des Eingangssteuersatzes sowie der betrieblichen Steuern, die Beseitigung von Steuerschlupflöchern und die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer. Doch selbst in diesen Punkten wird es keine Einigung geben. Dies kann sich die Koalition im Hinblick auf die Bundestagswahl nicht leisten.

Im Wahlkampf kann sie eine Steuerreform nur dann in die Waagschale werfen, wenn die angekündigte „Jahrhundertreform“ in den wesentlichen Grundzügen erhalten bleibt. Ein Einlassen auf einen Minimalkonsens käme einem Scheitern gleich. Gleichzeitig würde die SPD als jene Kraft erscheinen, die handelt.

Die Koalition tröstet sich nun damit, ohne eine Steuerreform vielleicht sogar besser zu fahren. Die Glaubwürdigkeit des Konzepts ist sowieso dahin. Selbst der Gutgläubigste wird mißtrauisch, wenn Finanzminister Waigel wegen der verheerenden Finanzsituation einerseits mit den Goldreserven jongliert und sogar – wie gestern bekannt geworden ist – die Schuldentilgung aussetzen will und andererseits eine Nettoentlastung von etwa 30 Milliarden Mark verspricht. Zudem ist unter dem Druck der vielen Interessengruppen das Ziel der Steuervereinfachung gescheitert. Ganz entspannt setzt die Koalition daher auf den Eindruck der Wähler im nächsten Jahr: Wollte die Koalition nicht eine Jahrhundertreform durchsetzen, und hat nicht die SPD das verhindert? Erfolgversprechender, als ein Vorhaben Theo Waigels an der Wirklichkeit messen zu lassen, ist das allemal. Markus Franz

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