: Niemand will Büros mit Weserblick
■ Weserwohnbau-GmbH drohte mit „Bauruine“an der Schlachte und setzte so durch, daß Bremen ihr mit 14 Millionen das Vermieterrisiko abnimmt / Büro-Haus wäre unverkäuflich gewesen
An der Schlachte 13/14 klafft eine historische Baulücke: „Heimliche Straße“steht im Stadtplan an der Stelle, wo man vom Teerhof über die teure schräge Brücke direkt an die Schlachte tretend weiter zur Martinistraße über die Pieperstraße und dann in die City gelangen könnte, wenn – ja wenn da nicht der Zaun vor dem Parkplatz der Spedition Bachmann gewesen wäre.
Nach langwierigen Verhandlungen war es vor einigen Jahren gelungen, der Spedition das Grundstück abzuschwatzen. Die „Weserwohnbau“, Bremens zweitgrößte Baugesellschaft, wollte hier ein neunstöckiges Bürohaus errichten. Sie bekam in einer Rekordgeschwindigkeit eine Baugenehmigung mit der Auflage, Platz für die fußläufige „Heimliche Straße“zu lassen. 500 Quadratmeter Laden - oder Gastro-Fläche direkt an der Schlachte, 2.630 Quadratmeter Bürofläche mit Tiefgarage – ein Sahnestück im Herzen Bremens.
Sollte man meinen. Die Weser-Wohnbau suchte also einen Investor für das Objekt, begann derweil im Februar 1996 schon zu bauen. Nun ist ein Jahr vorbei, und kein Investor will das neue Haus kaufen, stellte die Wohnungsbaugesellschaft fest. Und da hatte sie eine naheliegende Idee: Wenn kein privater Investor an der Schlachte investieren will, dann muß der Staat das Haus kaufen. Gesagt, getan. Der Wirtschaftsförderungsgesellschaft wurde mitgeteilt, „daß die seinerzeit für die Ressorts Bau und Wirtschaft zuständigen Senatoren sie (die Weserwohnbau) nachhaltig dazu ermuntert hätten, die Baumaßnahme in Angriff zu nehmen“. Dann, so die Logik, sind die auch Schuld und müssen das unternehmerische Risiko tragen. Die Weserwohnbau jedenfalls, die den Teerhof bebaut hat und den Auftrag für das Übermaxx-Kino hat, sei „überfordert“mit dem Bürohaus an der Schlachte, ließ sich der Finanzsenator erzählen, und müßte „die Baustelle stillegen“, wenn die Stadt nicht als Käufer auftreten würde.
Unter diesem Druck reagierte das Finanzressort sofort. Das privatwirtschaftlich erscheinende Instrument für delikate staatliche Aufgaben, die „Hanseatische Industrie-Beteiligungsgesellschaft“(Hibeg), die derzeit nur über beengte Büros in der Martinistraße verfügt, könnte in das Haus an der Schlachte umziehen, war die erste Idee. Irgendwie muß dann jemandem gedämmert haben, daß die Frage, in welchen Räumen die Hibeg residiert, unabhängig von der Frage zu betrachten sei, ob Bremen eine weitere auf dem Markt unverkäufliche Immobilie kauft.
Und so beschlossen die Wirtschaftsförderausschüsse gestern, daß die Hibeg im Dezember für 14 Millionen der Weserwohnbau ihr Bürohaus abkauft. Das Problem liegt dann voll bei der Hibeg: Nur wenn die Büros für 20 Mark pro Quadratmeter voll vermietet werden, rechnet sich das Objekt. Private Investoren halten das für unrealistisch. Nicht so die Hibeg: Der Finanzsenator guckte in ein von ihr in Auftrag gegebenes rein positiv denkendes Gutachten der „Möller International Immobilien“und folgerte, daß kostendeckende Mieten durchaus zu erzielen seien. Zur Sicherheit hat aber die Hibeg bei solchen Geschäften immer ein volles Portemonnaie in der Hinterhand, aus dem das „Vermieterrisiko“abgedeckt werden soll: Wenn sich Probleme ergeben sollten, so die Idee, dann soll das Land eine „Vermietergarantie in Höhe von 835.000 Mark“maximal jedes Jahr zuschießen.
Die Wirtschaftsförderausschüsse nahmen diese Idee des Bremer Finanzsenators gestern streng vertraulich und wohlwollend zur Kenntnis. K.W.
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