piwik no script img

Schröder schickt einen Strauß Parolen

■ Der Aspirant auf die SPD-Kanzlerkandidatur sorgt bei Grünen für Entsetzen: Er will kriminelle Ausländer sofort abschieben und Sexualstraftäter bis zum Tod wegschließen. Jürgen Trittin: Schröder verkauft die Menschen für dumm

Berlin (taz) – Gerhard Schröder biegt in die Spuren von Franz Josef Strauß ein. In einem Interview machte er sich am Wochenende für eine schnelle Abschiebung von kriminellen Ausländern stark. „Wer unser Gastrecht mißbraucht, für den gibt es nur eins: Raus, und zwar schnell!“

Die Äußerungen des potentiellen SPD- Kanzlerkandidaten lösten bei den Bündnisgrünen gestern Entsetzen aus. Bundesvorstandssprecher Jürgen Trittin sagte dazu im taz-Interview, wer wie Schröder glaube, mit Abschiebungen Straftaten verhindern zu können, verkaufe „die Menschen für dumm“. Schröders Vorstellung, alles Böse käme von außen, sei eine „zutiefst kindische und neurotische Phantasie“. Wer hoffe, mit Rot-Grün eine Ausländerpolitik rechts von CDU-Bundesinnenminister Manfred Kanther machen zu können, erliege einem Wunschtraum, sagte Trittin. Die Hamburger Grünen-Politikerin Krista Sager nahm Schröders Aussagen dagegen zum Anlaß, Defizite bei der Kriminalitätsbekämpfung in der eigenen Partei einzuräumen. Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) nannte Schröder ein Chamäleon: „Rot-Grün propagieren und rechte Sprüche klopfen disqualifiziert ihn für Bonner Spitzenämter.“

Schröder, der erst in der vergangenen Woche Rot-Grün als eine Option nach der Bundestagswahl genannt hatte, forderte seine Partei auf, die Innere Sicherheit wieder zu einem wichtigen Thema zu machen. Von der wachsenden Kriminalität seien vor allem die betroffen, die sich Sicherheit nicht kaufen könnten. Seine Partei und auch er selbst hätten zu lange über die Ursachen und nicht über die Bekämpfung von Kriminalität diskutiert.

Von seinen Genossen verlangte der niedersächsische Ministerpräsident eine „schonungslose Analyse“, die er ihnen per Bild am Sonntag gleich in eigener Version lieferte: „Man muß das mal sagen, selbst wenn es manche nicht gern hören: Beim organisierten Autodiebstahl sind Polen nun mal besonders aktiv, das Geschäft mit der Prostitution wird dominiert von der Russenmafia, Drogenkriminelle kommen besonders häufig aus Südosteuropa und Schwarzafrika.“ Gesetzestreue Ausländer könne man nicht schützen, indem man die Ausländerkriminalität totschweige, so Schröders Resümee.

Harte Worte fand der 53jährige auch für den Umgang mit Sexualstraftätern. Unverständlich sei ihm, daß jemand, der ein Kind mißbraucht und umgebracht habe, wieder freigelassen werde. „Solche Täter sind nicht mehr therapierbar, auch wenn Psychiater etwas anderes sagen.“ Deshalb sei er der Meinung – „selbst wenn mich manche für reaktionär halten: im Zweifelsfall in geschlossene Anstalten wegschließen“. Analog zu angeblichen Erfolgen der New Yorker Polizei forderte Schröder eine verbesserte Ausrüstung der Beamten mit modernem technischem Gerät und verstärkte Präsenz auf den Straßen. sev Interview Seite 4

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen