Wirtschaftsminister suchen nach 1,4 Milliarden

■ Bis 1. September wollen sie einen Kompromiß für die Ostförderung finden, der in Waigels Sparhaushalt eingebaut werden kann. Rexrodt setzt auf Ostabgeordnete

Berlin (taz) – Einig waren sie sich schon vorher. Und auch zwei Stunden Verhandlungen mitten in der Sommerpause konnten die Wirtschaftsminister der fünf ostdeutschen Länder und Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt nicht auseinanderbringen. Einig verkündeten sie also auch ihr Ergebnis nach der außerordentlichen Sitzung: Die von Finanzminister Theo Waigel (CSU) geplante Kürzung der Ostförderung um 709 Millionen Mark darf nicht umgesetzt werden. Bis zum 1. September sollen die Referenten der Wirtschaftsminister einen Kompromiß ausarbeiten.

Aber auch der Kompromiß wird wenig nützen. Immerhin hat Waigel in seinem Haushaltsentwurf 1998 die Barmittel für das verbleibende Jahr 1997 um 500 Millionen Mark und für das kommende Jahr um 209 Millionen Mark gekürzt. Der Haushaltsentwurf ist bereits trotz des Widerstandes von Rexrodt vom Kabinett verabschiedet.

„Uns bleibt der parlamentarische Weg“, sagte Rexrodt gestern. Er setzt auf die ostdeutschen Bundestagsabgeordenten, die dem Haushaltsgesetz zustimmen müssen. „Und die ihre ostdeutschen Finanzminister drängeln müssen, daß die nicht einknicken“, ergänzte Elmar Pieroth (CDU), Wirtschaftsenator von Berlin. Die Ostländer müssen für die sogenannte „Gemeinschaftsaufgabe Ost“ die Hälfte bezahlen. Zahlt der Bund 709 Millionen Mark weniger, zahlen auch sie 709 Milionen Mark weniger ein. Mithin geht es bei Waigels Kürzungsbegehren um 1,418 Milliarden Mark, die Unternehmen in Ostdeutschland für Investitionen nicht mehr zur Verfügung stehen.

„Es wird jede Zahlungsverpflichtung, die wir eingegangen sind, auch bedient“, versprach Rexrodt. Denn das Ziel müsse bleiben, das „Investitionsklima nicht zu beschädigen“. Rexrodt will daher noch mal mit Waigel sprechen, damit der seinen Haushalt im Interesse der neuen Länder umschreibt. Aus Rexrodts eigenem Haushalt könne er die Summe jedenfalls nicht abzweigen.

Jedes Jahr werden die Länder vom Bund ermächtigt, Verpflichtungen gegenüber Investoren in Milliardenhöhe einzugehen (1998: 2,1 Milliarden Mark). Die Länder vergeben das Geld nach bestimmten Kriterien an investitionsfreudige Unternehmen. Mittelständler erhalten grundsätzlich mehr als Großunternehmer. Die Kosten dafür fallen meist erst in den Folgejahren an. Die jetzt gestrichenen 1,4 Milliarden sind also für Kosten aus der Vergangenheit. Da jedoch viele frühere Investitionen in den Sand gesetzt wurden, hatten die Ostländer Geld übrig, das sie nach eigenem Gutdünken einsetzen konnten. Vor allem das wird nicht mehr gehen, wenn Waigels Haushalt in seiner jetzigen Form verabschiedet wird. Ulrike Fokken