■ Banja Luka: SFOR schlichtet innerserbischen Konflikt: Weise Reaktion
Der Kampf um die Frage, wer in der Serbischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowinas das Sagen hat, geht in die zweite Runde. Es steht zwei zu eins für die Hardliner um den Expräsidenten Radovan Karadžić. Nicht nur hat das Verfassungsgericht der Serbischen Republik am Freitag beschlossen, daß Präsidentin Biljana Plavšić ihr Parlament nicht hätten auflösen und ihre Regierung nicht hätte entlassen dürfen. Die Präsidentin, die dem Westen als moderater gilt als Karadžić, hat sich zudem zu einer ganz offensichtlich illegalen Polizeiaktion hinreißen lassen. Die Besetzung einer Polizeiwache in Banja Luka durch Plavšić-treue Sonderpolizisten am Sonntag hätte zu einer Konfrontation mit der Nato-Friedenstruppe SFOR führen können. Schließlich hatte sie nur wenige Tage zuvor beschlossen, die Polizeisondereinheiten in allen Teilen Bosniens künftig als Militär anzusehen. Die Folge: Ihre Aktivitäten müßten angemeldet werden.
Natürlich war dieser Beschluß nicht gegen die von den internationalen Vermittlern umworbene Biljana Plavšić, sondern gegen deren ultra-nationalistische Kontrahenten gerichtet. Doch Plavšić und ihre Anhänger im bosnisch-serbischen Polizeiapparat liegen falsch, wenn sie annehmen, die internationale Gemeinschaft sei bereit, die Mißachtung von SFOR- Richtlinien hinzunehmen. Natürlich sind die internationalen Organisationen bereit, Biljana Plavšić zu unterstützen – allerdings nicht so offen. Überhaupt vermeiden sie alles, was den Eindruck erwecken könnte, sie seien als Besatzungsmacht ins Land gekommen. Zu Recht. Niemand will den Scharfmachern Argumente liefern, die diese als Legitimation für Angriffe auf internationales Personal nutzen könnten.
Das Eingreifen britischer SFOR-Verbände in die brenzlige Situation um die besetzte Polizeiwache war weise. Denn einerseits haben Karadžićs Spezialpolizisten eine wichtige Bastion im Gebiet des Gegners – also Biljana Plavšićs Teil der Serbischen Republik – verloren. Andererseits trat die Nato-Friedenstruppe als Vermittlerin und Krisenmanagerin in Erscheinung – nicht als Besatzerin oder Unterstützerin einer der um die Macht ringenden Fraktionen. Doch das glimpfliche Ende kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Serbische Teilrepublik vor einer Zerreißprobe steht. Und daß über deren Ende – an dem eine Teilung, aber auch eine Niederlage einer der beiden Fraktionen stehen kann – auch weiterhin nicht nur von serbisch-bosnischen Politikern, sondern auch von der internationalen Gemeinschaft entschieden wird. Hoffentlich weise. Rüdiger Rossig
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