: Die Ferne liegt so nah
■ Zwei Kieler Konstrukteure planen den Bau eines Solarkatamarans und wollen damit den Atlantik überqueren: "Wir brechen den Langstreckenrekord"
Ein Wasserfahrzeug, das seine Antriebsenergie vollkommen autark von der Sonne gewinnt, ist keine Utopie mehr.“ Das Kieler Konstruktionsbüro Blümel & Roeper hat einen Solarkatamaran entworfen, der mit seinen bordeigenen Solarmodulen (Fläche: 100 qm) eine unbegrenzte Reichweite hat. Das Fahrzeug ist als Prototyp gedacht, mit dem demonstriert werden soll, was diese Technik derzeit schon zu leisten vermag.
Doch was wäre die Theorie, ohne sie durch Selbstversuch zu bestätigen? „Wenn es fertig ist, machen wir mit dem Boot eine Atlantiküberquerung“, freut sich schon jetzt der Schiffsbauingenieur Herbert Blümel, so, als seien die 3.000 Seemeilen mal eben ein Sonntagsausflug. Drei Wochen werde man wohl unterwegs sein, bei einer Geschwindigkeit von 6 Knoten (für Landratten: etwa 11 kmh). Damit nicht genug: „Wir brechen auch den Langstreckenrekord für solarbetriebene Boote“, ist sich das Team sicher.
Technisch wird diese Tour nur durch eine sehr widerstandsarme Form der Bootsrümpfe sowie des über dem Wasser liegenden Teils des Schiffes möglich. Der sehr flache Aufbau ist stromlinienförmig, damit der Luftwiderstand durch Wind und Fahrtwind „sehr gering gehalten werden kann“. Wellenwiderstand gebe es bei den extrem schlanken Rümpfen kaum. Durch eine sehr glatte Außenhaut, zur Debatte stehen derzeit auch noch feine Längsrillen, will man den Reibungswiderstand minimieren. Den Antrieb des futuristischen Katamarans besorgen zwei Gleichstrommotoren, jeder mit fünf KW. Für zwei Motoren sprächen vor allem pragmatische Gründe: Mehrere Propeller erzielen einen besseren Wirkungsgrad als nur ein einzelner, der mittig in der Strömung arbeitet. Außerdem: „Es läßt sich leichter manövrieren.“ Und man hat einen Ersatzmotor, falls mal einer ausfällt, schließlich sind Gelbe Engel auf See rar.
Doch warum das Ganze? Wäre allein der Weg das Ziel, führe man unter Segeln ebenso schnell – und vor allem billiger. „Wir wollen die Solarenergie auch in diesem Bereich salonfähig machen“, erklären die Idealisten. „Einerseits sieht heute fast jeder ein, daß die Verbrennung fossiler Stoffe keine Zukunft hat, andererseits werden regenerative Energiequellen und alternative Antriebssysteme noch immer belächelt, mit falschen Argumenten abgewertet und auch in finanzieller Hinsicht stiefmütterlich behandelt.“ Das Projekt der Atlantiküberquerung mit einem Solarkatamaran biete nicht nur die Möglichkeit, die Solarenergie aufzuwerten, sondern bedeute vor allem, die Technik selbst weiter zu entwickeln. „Nur bei praktischer Anwendung können wir neue Erfahrungen sammeln“, versichert Skipper Blümel.
Auch der Pioniergeist fährt selbstredend mit. Ähnlich wie bei der ersten Atlantiküberquerung im Flugzeug – „oder dem bemannten Flug zum Mond“ (Blümel) – sei es mehr die Herausforderung als der praktische Nutzen, der „den Erfindergeist beflügelt und zu technischen Lösungen führt“. Welchen gesellschaftlichen Nutzen der Spill-over-Effekt bringt, zeige schließlich die Raumfahrt: „Nicht nur die berühmte Teflonpfanne, sondern auch die Elektronik, Computer und Solarzellen sind ein Abfallprodukt der Raumfahrtforschung.“ Die Vision von Blümel & Roeper geht allerdings eher zu lautloser und umweltfreundlicher Fortbewegung zu Wasser und zu Lande – wozu die Teflonpfanne bei allem sonstigen Nutzen natürlich herzlich wenig taugt.
Allerdings wäre eine gute Idee nur halb soviel wert, wenn sie nicht einen Haken hätte. Herbert Blümel: „Für dieses Projekt suchen wir noch Leute, die mitmachen und helfen.“ Und da ein ordentlicher Beruf gerade mal reicht, den Lebensunterhalt zu verdienen, fehlt noch etwas: „Wir brauchen Sponsoren.“ Andreas Lohse
Kontakt: B & R Yachtdesign, Bremerskamp 71, 24106 Kiel, Telefon und Fax (0431) 548540.
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