: „Bei uns gibt es Hallerlinge“
■ Will die AfB Wirtschafts-Staatsrat Haller als neuen Vorsitzenden? Interview mit Klaus Bernbacher (AfB)
taz: Ulrich Nölle, der Wunschpartner der AfB aus der Wahl 1995, hat das Handtuch geworfen. Zuviel Streß?
Klaus Bernbacher: Die gesundheitlichen Gründe sind sicherlich sehr ernst zu nehmen. Zum anderen könnte ich mir vorstellen, daß der Finanzsenator vielleicht nicht die Verantwortung für die finanziellen Großabenteuer Ocean- und Space-Park und das Musical übernehmen wollte.
Was bleibt von der CDU ohne den Charme von Nölle?
Er war sicherlich deren Galionsfigur. Er war ein Anti-Programm gegen den Funktionärsapparat, der seit Jahrzehnten die Macht in der CDU hat.
Heute hätten CDU und AfB zusammen noch weniger Chancen als 1995, im Lande Bremen eine Mehrheit zu bilden. Nölles Verzicht haut in das Tief.
Ganz bestimmt. Es wählen ja nicht die Insider, die wissen, daß Nölle Schwächen hat. Es wählt ja das Volk. Er kam zweifellos an. Er war schon ein Gesicht der CDU. Es wird nicht einfach sein, das Loch zu füllen.
Die AfB will ihr Loch auch füllen, das nach dem Rücktritt des Gründers Friedrich Rebers gerissen ist. Geht Frank Haller, der Wirtschafts-Staatsrat in die AfB-Politik?
Das wird diskutiert, und daß es zu einer Diskussion kommt, ist auch mein Anliegen. Wir haben eine ganze Reihe Leute, die für das Amt des Landesvorsitzenden geeignet sind.
Wer?
Ich will jetzt keine Namen nennen ...
Ihr eigener Name ist genannt worden.
Ach, wissen Sie, ich bin anderthalb Jahre jünger als Friedrich Rebers und zwei oder drei Jahre jünger als Lenz. Wir stehen nicht mehr am Beginn einer großen politischen Karriere. Ich will nur aufpassen, daß die richtigen Leute nach vorn kommen.
Hat der Wirtschaftsstaatsrat Haller einmal gesagt, ob er überhaupt will?
Nichts hat er gesagt, er outet sich nicht. Das ist meine Kritik.
Aber es gibt sehr enge Kontakte zur AfB ...
Wir haben bei uns eine Haller-Fraktion. Das ist nicht weiter schlimm. Es gibt in anderen Parteien auch Scherfisten, bei den Grünen gibt es auch Flügel, so gibt es bei uns Hallerlinge: Der Wirtschaftsflügel, der sich dort das Heil der Welt verspricht. Nur: Der, um den es geht, ist nicht einmal Mitglied bei uns. Zunächst müßte der Herr Haller als Staatsrat zurücktreten, wenn er denn Karriere bei uns machen will.
Herr Haller ist seit zehn Jahren als Staatsrat verantwortlich für die Bremer Wirtschaftspolitik ...
Unter vielen Senatoren ...
Die Senatoren von SPD, FDP und CDU kamen und gingen und am Ende dieser Phase gab es die Initative „Arbeit für Bremen“, die gesagt hat: So geht es nicht weiter.
Nicht am Ende dieser Phase. Diese Planspiele und Überlegungen, die Haller gemacht hat, die hat er am Ende der Ampel-Koalition gemacht. Er war der Auffassung, daß sich die Ampel blockiert. Man wollte versuchen, eine bürgerliche Regierung zwischen CDU und AfB zustande zu bringen.
Gibt es denn ernsthafte Spekulationen, daß die Mehrheit von AfB und CDU, die Haller schon 1995 angestrebt hat, 1999 zustande kommen könnte?
Ich bin kein Prophet. Die CDU ist so weit runter ...
... daß es keinen Sinn macht, ein hohes Amt wie das des Staatsrates aufzugeben, um eine Karriere an der Spitze der AfB zu planen.
Ich kann das nicht nachvollziehen. Aber man muß den Haller nicht überschätzen. Der hat das Geld jetzt zu verteilen und die Subventionsempfänger um sich herum. Was bleibt, wenn der kein Staatsrat mehr ist und keine Millionen mehr raushauen kann? Das ist doch kein Rebers. Haller ist eine politische Figur, wenn er die Macht im Amt hat. Und er ist doch auch gar nicht im Volk bekannt.
Bremen hat in den letzten zehn Jahren erheblich an Wirtschaftskraft verloren. Hat verfehlte Wirtschaftspolitik daran einen Anteil? Sie sitzen im Vulkan-Untersuchungsausschuß.
Vulkan ist ja nur ein Beispiel. Da gibt es auch die BLG. Und die Milliarde, die jetzt ausgegeben werden soll. Glauben Sie, daß der Köllmann das Geld für den Ocean- und Space-Park zusammenkriegt? Es ist doch wieder dieselbe Großmannssucht. Die ganze Vulkan-Geschichte ist doch ein Konglomerat davon bei mangelnder Kontrolle der Aufsichtsgremien und des Staates. Und dieselben Ja-Sager und Kopfnicker, die den Hennemann bis zum Sommer 1995 für einen ganz Großen gehalten haben, können sich doch nicht hinstellen und sagen: Das ist freie Unternehmerentscheidung, damit haben wir nichts zu tun.
Haller hat noch kurz vor dem Crash des Vulkan mit Hennemann politische Planspiele für eine neue Koalition gemacht.
Natürlich.
Die AfB hat ihren Anfangserfolg durch einen sehr prominenten Spitzenkandidaten erreicht. Haben die Halleristen nicht recht, wenn sie einen neuen großen Namen suchen?
Ja. Aber einen, der nicht verbraucht ist. Das ist das Wichtige.
Fragen: K.W.
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