piwik no script img

Geruch der Staatengemeinschaft

■ Das Völkerkundemuseum stellt die Pläne zur neuen Europaabteilung vor und fragt nach dem Wesen Gesamteuropas

Antieuropäische Ressentiments sind eine Domäne rechter Wahlkampfstrategen geworden. Doch Europa ist mehr als Verdrossenheit über Brüsseler Bürokraten plus Denkmalschutz, mehr als nur die Länder der Währungsunion oder der EU. Das Museum für Völkerkunde, daß sich unter seinem Direktor Wulf Köpke als „Völkerverständigungsmuseum“versteht, hat den Termin der Euro-Einführung zum Anlaß genommen, den grundlegenden Umbau der Schausammlungen mit der Europaabteilung anzufangen.

Das Hamburger Museum befaßt sich als einziges seiner Art in Europa seit seiner Gründung auch mit der Ethnologie Europas und besitzt in diesem Kontext die größte Sammlung – wenn auch bisher 97 Prozent im Depot lagerten. Gestern wurde nun das Konzept der zukünftigen Ausstellung vorgestellt, das die Frage nach dem Wesen Gesamteuropas stellt. Statt nationaler Teilausgliederungen wird die Vielfalt der gesamteuropäischen Identität beleuchtet: von Kleidung, Wohnen, Religion über Essen, Trinken und Verkehr bis hin zur Luftfahrt.

Unter Umnutzung der alten Vitrinen im bisherigen Süd-Ost-Asien-Saal wird die feste Schausammlung auch multimediale Inszenierungen, Satellitenbilder und Riechmaschinen enthalten, vor allem aber flexibel für kleine und größere Sonderausstellungen zu aktuellen Themen bleiben. Die „Zeit-Stiftung Ebelin und Gert Bucerius“hält das Konzept für so vorbildhaft und zukunftsweisend, daß sie sich mit 1,4 Millionen Mark an dem Projekt beteiligt.

Die Arbeiten haben begonnen, im April 1999 ist dann zu erleben, was den „Wurmfortsatz Asiens“seit zweitausend Jahren zur besonderen Einheit Europa gemacht hat. Das Museum schüttelt endgültig seinen Staub ab und macht sich fit für das neue Jahrtausend. Schon im Herbst nächsten Jahres eröffnen in einem Anbau das internationale Begegnungszentrum samt Restaurants und Läden und die ebenfalls neue Musikabteilung.

Hajo Schiff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen