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Homogeschichte des Tütchens

■ 13 Jahre und eine Kondomgeneration später: Hamburger Neuauflage von Ralf Königs Comics

Wie sehr sich das alltägliche Leben verändert hat, ist derzeit innerschwuler Streitpunkt Nummer 1. Safere Zeiten + Macho Comix, zwei ältere Werke von Ralf König, die der Hamburger MännerschwarmSkript-Verlag jetzt in einem Band neu aufgelegt hat, liefern willkommenes Anschauungsmaterial.

Seit keine Seifenoper mehr ohne ihren Serienschwulen auskommt, sieht mancher schon das Ende jeglicher Diskriminierung gekommen. Wer sich die Realität ansieht, mag daran zweifeln. Zumal Safere Zeiten auf Veränderungen verweist, die das schwule Alltagsleben in weitaus stärkerem Maße beeinflußt haben dürften als der Durchbruch im Hausfrauenfernsehen.

Das Werk ist 1988 erstmals in einer Mini-Auflage von 500 erschienen, kurz nach dem Höhepunkt der AIDS-Hysterie in Deutschland. Im Zentrum stehen daher die Probleme der Szene, sich auf die neue Situation einzustellen. Genauer gesagt, dreht sich Safere Zeiten im Wesentlichen um das Kondom als solches und alle vorstellbaren Probleme seiner praktischen Handhabung.

Aus heutiger Sicht hört sich das pubertär an, riecht nach AIDS-Aufklärungsliteratur. Und tatsächlich: Schwule der jüngeren Generation, die von vornherein damit aufgewachsen sind, daß es nur mit Tütchen geht, werden staunen und schmunzeln, wie sehr sich in unsaferen Zeiten mancher schwule Macho gegen den analen Verhütungszwang sträubte. Der Sponti-Spruch „Spart Kondome – werdet schwul!“klingt im AIDS-Zeitalter mehr als bescheuert, stellte aber in früheren Jahren einen Eckpfeiler schwuler Überlegenheitsge-fühle dar.

Im Gegensatz zu den Heteros konnte man sich damals noch die verhaßte präkoitale Debatte über das Wie und Womit der Verhütung sparen, die heute auch jedes schwule Abenteuer belastet.

So witzig die diesbezüglichen Gespräche der König-Figuren auch sind: Die damalige Verunsicherung der Szene ist deutlich zu spüren. Was ist noch ohne Plastikschutz erlaubt? Wo lauert die tödliche Gefahr? Wie überträgt sich das Virus, und wer könnte es schon in sich tragen? Safere Zeiten ist so, ganz unfreiwillig, ein Beleg für die erfolgreiche Aufklärungsarbeit seither.

Der zweite Teil der Neuauflage, Macho Comix (1984), gibt zwar inhaltlich weniger her, dafür allerdings mehr Anlaß zum Schmunzeln. Das kommt gerade recht, da Safere Zeiten für ein Comic ausgesprochen textlastig ist. Tatsächlich geht es dort munter zur Sache (daß das Buch nicht jugendfrei ist, gesteht der Autor im Vorwort), wobei der Kontrast zu den heutigen König-Werken ins Auge sticht.

Das durch den Bewegten Mann eroberte heterosexuelle König-Publikum der alternativen Schickeria dürfte auf manchen Gag und manche Szene mit Befremden oder gar Empörung reagieren. Womit wir wieder bei der Ausgangsfrage angelangt wären: Was hat sich im schwulen Leben wirklich verändert?

Florian Kirner

Ralf König: „Safer Sex + Macho Comix“, MännerschwarmSkript Verlag, Hamburg 1997, 110 Seiten, 19.80 Mark

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