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Die ÖVP regiert weiter wie bisher

■ Die SPÖ verliert bei den Landtagswahlen in Oberösterreich, aber der befürchtete Rechtsrutsch zugunsten Jörg Haiders ist ausgeblieben

Wien (taz) – Die eigentlichen Gewinner der oberösterreichischen Landtagswahlen vom Sonntag sind – so sehen sie's jedenfalls selbst – die Grünen. Mit 5,8 Prozent der Stimmen konnten sie erstmals drei Abgeordnete in den Landtag katapultieren. Rein rechnerisch sind das die drei Mandate, die die sozialdemokratische SPÖ verloren hat, während ein weiteres Mandat von der christdemokratischen ÖVP zur rechtspopulistischen FPÖ wanderte. Das Liberale Forum, eine klassisch liberale Abspaltung von der FPÖ, verpaßte mit 2,1 Prozent den Einzug ins Regionalparlament deutlich. Insgesamt ist der erwartete Rechtsruck damit ausgeblieben.

Die Ursachen der Ergebnisse im drittgrößten Bundesland Österreichs sind aber sicherlich vielschichtiger. Offensichtlich ist, daß die Resultate von Oberösterreich gegen den Bundestrend liegen. Für den alten und neuen Landeshauptmann Josef Pühringer von der ÖVP, der mit 42,7 Prozent nur Verluste von 2,5 Punkten einstecken mußte, hat es sich gelohnt, seinen Wahlkampf von der glücklosen Bundespartei abzukoppeln und die Politiker aus Wien quasi mit einem Auftrittsverbot zu belegen. Pühringer mimte den Landesvater – und das gekonnt. Mit seinen 1,69 Körpergröße stellte er sich als in jeder Hinsicht glaubwürdiger Vertreter des kleinen Mannes dar. Vizekanzler Wolfgang Schüssel, auch kein Hüne, könnte sich einiges abschauen.

Für seinen Gegenkandidaten, den Sozialdemokraten Fritz Hochmair, hat es sich nicht bezahlt gemacht, Bundeskanzler Viktor Klima so stark in den Wahlkampf eingespannt zu haben. Das Strahlemann-Image des noch keine neun Monate amtierenden Nachfolgers von Franz Vranitzky färbte nicht auf den ebenso biederen wie blassen Lokführer in Oberösterreich ab. Verluste von 4,4 Prozent sind für Hochmair nicht leicht zu verkraften.

Ob die Katastrophe ohne das Engagement des Kanzlers noch größer gewesen wäre, wird man nie erfahren. Der SPÖ, die in Oberösterreich seit jeher die zweite Geige spielt, wird wohl auch vorgeworfen, daß sie die durch Sanierungen in der verstaatlichten Industrie vernichteten Arbeitsplätze nicht verteidigt hat.

Die frustrierten Wähler haben sich jetzt mehrheitlich der FPÖ zugewandt, die sich seit einiger Zeit als neue Arbeiterpartei zu profilieren sucht. Doch auch bei den Blauen haben die Auftritte ihres Zugpferdes Jörg Haider nicht ausgereicht, um ihr Ziel zu erreichen, zweitstärkste politische Kraft zu werden. Der Zugewinn von nur einem Mandat (plus 2,9 Prozentpunkte) blieb weit unter den von den Umfragen geschürten Erwartungen. Deswegen war Sonntag abend der Jubel in den Freiheitlichen Parteizentralen von Linz und Wien äußerst verhalten. Nach ersten Analysen bedienten sich Haiders Mannen gleichermaßen bei den ehemaligen Nichtwählern wie bei denen, die 1991 noch ÖVP oder SPÖ gewählt hatten.

Auch die Grünen konnten ihr Konto mit Hilfe der Nichtwähler auffetten. Je ein Viertel ihrer Stimmen holten sie sich aber von den Sozialdemokraten und der Österreichischen Volkspartei. Ralf Leonhard

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