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Spekulation um Berlins Regierenden

■ Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen denkt öffentlich über seinen Rücktritt als CDU-Landesvorsitzender nach

Berlin (taz) – Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) verbindet mit Bundeskanzler Helmut Kohl vor allem eines: Beide werden sie Jahr für Jahr totgesagt, beide aber regieren sie Land und Partei unerschüttert seit über einem Jahrzehnt. Nun aber scheint Diepgen doch erschüttert. Hatte er bislang alle parteiinterne Kritik von rechts und von links ebenso ausgesessen wie das Murren der Berliner über diesen blassen Regierungschef, so scheint er jetzt selbst über einen Teilrückzug nachzudenken. Der Süddeutschen Zeitung gestand er: „Nicht alle Überlegungen, die man anstellen kann, sprechen unbedingt dafür, daß ich Landesvorsitzender bleiben muß.“

Die Spekulationen haben durchaus guten Nährboden. Diepgen als Regierungschef einer Großen Koalition ist zugleich Landesvorsitzender einer Partei, die der Zwangsgemeinschaft mit der SPD mehr als überdrüssig zu sein scheint. Kein Parteitag vergeht, keine parteiinterne Wahl verstreicht, ohne daß Diepgens Kritiker den Regierungschef abstrafen. Vom Landesvorsitzenden Diepgen erwarten seine Mitglieder eine klare Abgrenzung zum Koalitionspartner, eine härtere Gangart in den Unions-Themen Innere Sicherheit wie Ausländerpolitik. Vom Regierenden Bürgermeister erwartet die Partei mehr Erfolge für die marode Berliner Wirtschaft und eine profiliertere Politik in der Auseinandersetzung mit Bonn.

Über die Vereinbarkeit von Landesvorsitz und Amt des Regierenden streitet sich die CDU schon lange. „Die Diskussion ist schon so alt, daß ich mich gar nicht erinnern kann, wann die eigentlich angefangen hat“, beschied gestern denn auch Berlins CDU-Generalsekretär Gerhard Lawrentz. Aber auch Lawrentz ergänzt: „Es ist doch legitim, daß ein Regierungschef, der so belastet ist und sich so genau in allen Details auskennt, mal darüber nachdenkt, den Landesvorsitz abzugeben.“ Generell jedoch sei eine solche Trennung eher schädlich, und da Diepgen „mit Sicherheit 1999 als Spitzenkandidat antreten wird“, wünsche er sich, daß Diepgen den Vorsitz behalte. Für andere CDU-Mitglieder jedoch wäre die Ablösung Diepgens als Parteivorsitzender ein erster Schritt der Erneuerung – ein erster Schritt in Richtung Rückzug vom Amt des Regierenden Bürgermeisters. Für Kritiker wie den Kreisvorsitzenden aus Prenzlauer Berg, Andreas Apelt, haben Diepgens neue Töne einen positiven Klang: „Die Trennung von Vorsitz und Regierungsamt könnte unser Profil schärfen.“ Nach Stunden des Schweigens beendete Diepgen gestern höchstselbst den Sturm im Wasserglas: Er werde als Landesvorsitzender 1998 erneut kandidieren. Barbara Junge

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