: Feministische Forschung bedroht
Protest gegen geplante Abwicklung der TU-Frauenforschung. Akademischer Senat berät Strategiepapier zur Beschneidung der Geistes- und Sozialwissenschaften ■ Von Sabine am Orde
Studentinnen und Professorinnen protestierten gestern anläßlich der Tagung des Akademischen Senats der Technischen Universität (TU) gegen die geplante Abwicklung der feministischen Frauenforschung an der TU. Auf der Tagesordnung des Akademischen Senats stand das heißdiskutierte Strategiepapier von Uni-Präsident Hans-Jürgen Ewers.
Der TU-Präsident will die Geistes- und Sozialwissenschaften an seiner Uni stark beschneiden, den Fachbereich 2 gleich ganz abschaffen. Damit droht auch dem Schwerpunkt feministische Frauenforschung, der dort am Fachbereich Erziehungswissenschaften (FB2) angesiedelt ist, das Aus. „Es wäre ein großer Verlust, insbesondere für die Frauenbewegung. Denn die Frauen an diesem Fachbereich haben unglaublich viel geleistet und sich politisch enorm profiliert“, urteilt Birgit Rommelspacher, Professorin an der Alice Salomon Fachhochschule.
Antonia Schui vom Frauenreferat kritisierte, daß Ewers' Pläne soziale und politische Überlegungen dem Profitdenken und blindem Technikgehorsam opfern würden. Sie verwies auf die Geschichte der TU: Deren Vorläuferin habe eine führende Rolle bei der Entwicklung nationalsozialistischer Kriegs- und Vernichtungstechnologie gespielt. Schui: „Die TU sollte Verbindungen von technischer Forschung mit gesellschafts- und technikkritischen Fragestellungen ermöglichen.“ Dies sei nun in Gefahr. Daß die Uni neben Fachwissen auch „Kritikfähigkeit am eigenen Tun“ vermitteln müsse, forderte auch Asta-Referentin Birgit Dietrich.
Christina Thürmer-Rohr, neben Christine Holzkamp und Barbara Schaeffer-Hegel eine der bekanntesten Wissenschaftlerinnen am Frauenschwerpunkt, wies darauf hin, daß man dort – ebenso wie an anderen Universitäten – „soziale Arbeit als Menschenrechtsarbeit“ begreife. Ergebnis sei eine Politisierung der Sozialarbeit.
Birgit Rommelspacher, die selbst einmal Gastprofessorin am Frauenschwerpunkt war, beurteilte die geplante Abwicklung mit Blick auf die angestrebte Aufwertung der Fachhochschulen (FH). Zwar habe die praxisorientierte Ausbildung an der FH Vorteile, häufig werde dort jedoch fehlendes systematisches und theoretisches Wissen beklagt. Gerade in Zeiten, in denen Fragen nach der Zukunft sozialer Sicherung zentral seien, müsse es Leute geben, die „forschen und Strategien überlegen können“. Diese Aufgabe müsse die Uni leisten. Einig waren sich Studentinnen und Professorinnen, daß es vor allem auch „die politische Aussage dieser Streichung sei, gegen die wir protestieren müssen“.
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