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US-Regierung verhängt Sanktionen gegen den Sudan

■ Washington verfügt komplettes Wirtschaftsembargo wegen schlechter Menschenrechtslage. Zudem soll das neue Interesse internationaler Konzerne an Sudans Erdöl gedämpft werden

Berlin (taz) – Weil seine Politik nach Meinung des Weißen Hauses eine „außergewöhnliche Bedrohung der US-Außenpolitik“ darstellt, steht Sudan seit Dienstag abend unter US-Wirtschaftsembargo. Sämtliche Finanztransaktionen und Handelsgeschäfte zwischen den USA und Sudan sind untersagt, alle sudanesischen Guthaben in den USA eingefroren. Die Gründe, so US-Außenministerin Albright, seien Sudans „fortgesetzte Förderung des internationalen Terrorismus, seine Versuche zur Destabilisierung von Nachbarländern und seine niederschmetternde Menschenrechtsbilanz, einschließlich der Verweigerung von Religionsfreiheit“.

Die direkten Sanktionen haben eher symbolischen Charakter, da der US-amerikanisch sudanesische Handel nur bei 70 Millionen Dollar pro Jahr liegt. Mit ihrer Maßnahme kommt Clinton jedoch Sanktionsbeschlüssen des von den Republikanern dominierten US- Kongresses zuvor. Eine Unterkommission des Repräsentantenhauses hat vor kurzem Sanktionen gegen Sudan wegen religiöser Verfolgung unter dem islamistischen Militärregime gebilligt.

Der Sudan, in dem seit Jahrzehnten Bürgerkrieg herrscht, gilt als Verbündeter Irans und Förderer islamistischer Gruppen in Afrika. Das Land steht auf der offiziellen US-Liste der Förderer des internationalen Terrorismus. Die gegen Sudans Regierung kämpfenden Rebellengruppen werden demgegenüber von den US-Alliierten Uganda, Äthiopien und Eritrea unterstützt. Unter dem Eindruck einer bevorstehenden weiteren Eskalation des Bürgerkrieges im Sudan finden seit dem 29. Oktober zum ersten Mal seit 1994 wieder Friedensgespräche zwischen Regierung und Rebellen statt. Die US-Sanktionen sollen, so das US-Außenministerium, die Regierung zu einer „ernsthaften“ Teilnahme an diesen Gesprächen bewegen.

Ein weiterer Grund für den Eifer, mit dem die USA gegen Sudan vorgehen, ist das in jüngster Zeit wieder verstärkte Interesse ausländischer Konzerne an Investitionen in dem nordostafrikanischen Land. Sudan hat umfangreiche Ölreserven, allerdings zumeist in Bürgerkriegsgebieten. Die Regierung plant dennoch, die Ölförderung bis 1999 auf 150.000 Faß pro Tag zu verzehnfachen und zwei neue Ölraffinerien zu bauen. Sudanesische Öltechniker lassen sich derzeit im Irak ausbilden. Firmen aus Frankreich, Kanada, Österreich und auch aus den USA besitzen ungenutzte Ölkonzessionen in verschiedenen Teilen des Sudan.

Das größte Investitionsprojekt im Ölsektor ist derzeit das Heglig- Ölfeld im Osten des Landes, bei dessen Entwicklung der US-Konzern Oxy eine führende Rolle spielen sollte. Dieses Vorhaben wurde im Sommer abgesagt, nachdem Mitglieder des US-Senats davon Wind bekamen. Nun wird die Entwicklung des Heglig-Ölfelds von einem Konsortium unter Beteiligung von Firmen aus Kanada und China vorangetrieben. Am 29. Oktober unterzeichneten eine chinesische Firma und die deutsche Mannesmann mit diesem Konsortium einen Vertrag über die Lieferung von Ölpipelines an den Sudan im Wert von 335 Millionen Dollar. Dominic Johnson

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