: Der Scheck ist noch nicht gedeckt
■ Der Haushaltsentwurf für 1998 ist durch hohe Personalkosten und sinkende Steuereinnahmen geprägt. Bei den Einzelressorts sind Wirtschaft, Kultur und Sport glimpflich davongekommen. Im sozialen Bereich wir
Rein haushaltstechnisch stehen sich mit den ewigen Widersachern im Senat Peter Strieder (SPD) und Jürgen Klemann (CDU) David und Goliath gegenüber: Während Klemann über den größten Haushaltstitel gebietet (5,48 Mrd. Mark), darf Strieder am wenigsten verteilen (390 Millionen Mark).
Bauen und Verkehr
Die größten Ausgabebrocken sind die Wohnungsbauförderung (3,41 Mrd. Mark), der öffentliche Nahverkehr (2,06 Mrd. Mark) und die Hauptstadtplanung. Allein für 21 Millionen Mark will Klemann im nächsten Jahr am Potsdamer Platz Straßen bauen lassen, 120 Millionen Mark kosten die 98er Tranche des Autotunnels im Tiergarten und noch einmal 120 Millionen die „Entwicklungsmaßnahmen“ im Regierungsviertel. Interessant auch einige kleinere Posten: So bringt die Parkraumbewirtschaftung 14,5 Millionen in die Kassen, kostet aber 9,1 Millionen. Die Ausgaben für die „Aktion saubere Innenstadt“ wurden von 8 auf 2 Millionen drastisch verringert.
Umwelt
Der Haushalt für Stadtentwicklung und Umweltschutz sieht im Rahmen der „Zukunftinitiative Ökologisches Wirtschaften“ immerhin 24 Millionen Mark Zuschüsse an Unternehmen vor. Weitere 46,6 Millionen sind für Umweltförderprogramme eingeplant. bpo
Wirtschaft
Elmar Pieroths Wirtschaftsverwaltung ist eines der wenigen Ressorts, das einigermaßen ungeschoren davonkommt. Sein Etat wird um 20 Millionen auf 801 Millionen Mark gekürzt. Für die Wirtschaftsförderung gibt es 30 Millionen.
Arbeit und Frauen
Der Haushalt von Arbeits- und Frauensenatorin Christine Bergmann (SPD) schmilzt zusehens dahin. Vor allem durch die Einsparungen der Bundesanstalt für Arbeit bei ABM-Stellen sinken die Einnahmen um 60 auf 308 Millionen Mark. Die Zuschüsse für Arbeitsförderung an freie Träger werden um 40 Millionen reduziert, die Lohnkostenzuschüsse an private Unternehmen um 20 Millionen Mark. Weil das Ressort „Frauen“ schon in diesem Jahr geschröpft wurde, kommt es 1998 dort kaum noch zu Kürzungen. koch
Wissenschaft und Forschung
Der Etat für Wissenschaft und Forschung gehört mit 3,7 Milliarden Mark zu den größten des Landes. Die wichtigsten Ausgaben sind dabei vertraglich gebunden. Das gilt für die Etats der Hochschulen, die Senator Peter Radunski (CDU) mit den Rektoren und Präsidenten aushandelte. Und auch bei den vielen Forschungsinstituten, für die Berlin 245 Millionen Mark ausgibt, läßt sich kaum etwas kürzen. Denn sonst entfielen entsprechende Bundeszuschüsse. Die Stipendien für Nachwuchswissenschaftler wurden um rund 4,5 Millionen Mark gekürzt. cif
Gesundheit und Soziales
Krasse finanzielle Einschnitte gab es im Ressort Gesundheit und Soziales bereits 1996 und 1997, insbesondere bei sozialen Projekten. Deshalb sind die Kürzungen für 1998 nicht so einschneidend, allerdings ist bei vielen sozialen Einrichtungen schon lange die Schmerzgrenze erreicht. 1998 können knapp 1,4 Milliarden Mark ausgegeben werden. Der größte Anteil entfällt neben den Personalausgaben für die Verwaltung (265 Millionen Mark) dabei auf Investitionen im Krankenhausbereich (rund 240 Millionen Mark). Hier müssen 38 Millionen Mark einspart werden. Daher wird möglicherweise ein Baustopp für drei fast fertige Krankenhausneu- und -umbauten (Behring-Krankenhaus, Auguste-Viktoria-Krankenhaus und Krankenhaus Spandau) erwirkt.
Die Liga der fünf Wohlfahrtsverbände, die stadtweit rund 300 soziale Einrichtungen verwaltet, bekommt knapp 40 Millionen Mark, rund fünf Prozent weniger als 1997. Auch der Landesverband der Berliner Aids-Selbsthilfegruppen (Labas), die rund 4,5 Millionen Mark erhalten, muß mit fünf Prozent weniger auskommen. Die Ausländerbeauftragte bekommt 9 Millionen Mark für Projekte. Rückkehrhilfen für Flüchtlinge sind nur mit 150.000 Mark veranschlagt. 1998 wird es nur noch in Ausnahmefällen eine Anschubfinanzierung für Selbsthilfeprojekte geben. nau
Schule, Jugend, Sport
Rund 75 Prozent des 4,7 Milliarden Mark Etats sind für Personalkosten (LehrerInnen, ErzieherInnen, Verwaltung) gebunden. Daher treffen die Haushaltskürzungen vor allem die Freien Träger. Die einschneidenden Kürzungen erfolgten aber bereits in den vergangenen zwei Jahren. Im Jugendbereich sollen 30 Millionen Mark bei den Kinder- und Schülerläden der Freien Träger gespart werden. Sie bekommen nur noch 367 Millionen Mark. Dafür sollen u.a. die Eltern einen 11. und 12. Monatsbeitrag zahlen (dies erbringt 6 Millionen Mark). Das Sportressort kommt 1998 relativ gut weg. Die Max- Schmeling-Halle und das Velodrom bekommen fast 10 Millionen Mark Zuschuß, die Bäderbetriebe fast 100 Millionen. nau
Inneres
Allein 1,5 Milliarden Mark des Etats von Innensenator Jörg Schönbohm werden für die Löhne der PolizistInnen verwendet. Mit insgesamt 4,18 Milliarden Mark hat Schönbohm den fünftgrößten Einzelhaushalt. Manche Behörden geben aber im Gegensatz zu dem sehr detaillierten Haushaltswerk nicht jede Ausgabe auf Heller und Pfennig an. Im Etat des Landesamtes für Verfassungsschutz (20,6 Millionen) ist eine Million unter dem Titel „Besondere Aufgaben“ für „nachrichtendienstliche Aufwendungen“ eingeplant. bj
Justiz
Der Justizetat hat sich nur unwesentlich geändert. Die für 1998 veranschlagten Ausgaben belaufen sich auf 1,27 Milliarden Mark, in diesem Jahr waren es 1,11 Milliarden. Den größten Teil machen mit 976 Millionen Mark die Personalkosten aus. Das Vorhaben von Justizsenatorin Peschel-Gutzeit (SPD), ausgerechnet bei der Straffälligen-Bewährungshilfe und der Opferhilfe den Rotstift anzusetzen, hat der Hauptausschuß zunächst vereitelt. Die Senatorin muß nun überlegen, wie sie die 468.000 Mark doch aufbringen kann. Gespart werden soll auch an der Gefangenenkost. 1998 stehen dafür nur noch 7,6 Millionen Mark zur Verfügung, dieses Jahr waren es noch 8 Millionen. „Sehr unerfreulich“, räumt Saatssekretär Borrmann ein. Bereits jetzt liege Berlin mit einem Verpflegungssatz von 5,50 Mark pro Gefangenem und Tag im Ländervergleich am unteren Ende. Wenn der Satz noch weiter sinke, befürchtet Borrmann, „gibt es irgendwann nur noch Wasser und Brot“. plu
Zuletzt: Kultur
Das Ressort Kultur kommt bislang recht glimpflich davon. Statt 773 Millionen Mark 1997 sollen für Kunst und Kultur 1998 rund 769 Millionen Mark ausgegeben werden. Kultursenator Peter Radunski (CDU) schröpft vor allem die großen Bühnen der Stadt. Das Theater des Westens, die Deutsche Oper oder die Staatsoper erhalten jeweils 4 Millionen Mark weniger Zuschüsse. Auch die Komische Oper (minus 4 Millionen Mark) muß Federn lassen. Nicht lumpen lassen will sich Radunski hingegen bei repräsentativen kulturellen Bauvorhaben. Für die Modernisierung des Martin-Gropius-Baus sind 15 Millionen Mark veranschlagt. rola
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