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■ taz hörsaalDie Utopien des Bachelor

Im Hörsaal schreiben Studierende über die Misere an deutschen Hochschulen.

Ein Aufruhr geht durchs Land: Deutschlands Studenten gehen unter den Augen der Öffentlichkeit auf die Barrikaden. Doch die Forderungen der Studis lassen jedes Problembewußtsein für die tiefergehenden Mißstände im kranken Bildungssystem vermissen. Diese bescheidenen Ziele sind ein gefundenes Fressen für unsere Politiker. Die werden sich beeilen, schnell kleine Zugeständnisse zu machen, um sich auf dem Rücken der Bildungspolitik für den nächsten Wahlkamf zu profilieren. Und bald wird die ganze Schmalspurrevolution, deren Motto „Viel Lärm um nichts“ heißen könnte, zu den Akten gelegt.

Wo bleiben die Utopien? Haben wir in der Uni schon völlig verlernt, eigenständig zu denken? Wir müssen uns Gedanken über unsere Zukunft machen, in der wir mit einem immer härter werdenden Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sein werden. Die Ausbildung an Universitäten ist immer noch starr auf eine wissenschaftliche Karriere ausgerichtet, obwohl die meisten Studis eine Tätigkeit in der freien Wirtschaft anstreben. Ein abgeschlossenes Hochschulstudium gilt zwar als Voraussetzung für viele ausgeschriebene Stellen, doch muß man sich die direkt berufsbezogenen Kenntnisse außerhalb der Uni durch Jobs und Praktika aneignen.

Besonders in geisteswissenschaftlichen Fächern besteht das Studium fast nur aus „wissenschaftlichem Arbeiten“ – was man mit systematischem Abschreiben von anderen Wissenschaftlern nach bestimmten Regeln gleichsetzen kann. Selbständiges Denken und Forschen ist schlichtweg verboten. Ein mit solchen Methoden bestrittenes Studium an deutschen Universitäten wäre reiner Luxus, wenn nicht die Arbeitgeber immer noch auf den Etikettenschwindel mit Diplom- und Magisterabschlüssen hereinfallen würden.

Eine Möglichkeit, universitäre Bildung kürzer und berufsbezogener zu gestalten, ist die im neuen Entwurf für das Hochschulrahmengesetz (HRG) vorgeschlagene Einführung eines Bachelor-Abschlusses. Schade nur, daß sich die Studentenproteste auch dagegen mit dem Argument richten, daß Bafög nur bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluß gezahlt wird. Es wäre sinnvoller, für ein allgemeines Bafög zu kämpfen, anstatt den Bachelor kategorisch abzulehnen.

Nicht der HRG-Entwurf überschüttet uns mit Problemen, sondern wir schwimmen längst darin. Nur wenn wir mehr fordern als kleine Modifikationen des HRGs, können wir etwas erreichen. Daniela Brost (Uni-Münster)

Beiträge bitte an: cif@taz.de

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