■ Der Vortrag des Neonazis Roeder vor Bundeswehrangehörigen zeigt, wie wenig Distanz deutsche Militärs häufig zu "alten Kameraden" halten: Saubere Demokraten a.D.
Der Vortrag des Neonazis Roeder vor Bundeswehrangehörigen zeigt, wie wenig Distanz deutsche Militärs häufig zu „alten Kameraden“ halten
Saubere Demokraten a.D.
Daß das Thema Rechtsextremismus in der Bundeswehr nach dem Wirbel um die „Hammelburger Videos“ auch weiterhin für Schlagzeilen sorgen wird, scheint gewiß. Kaum hatte Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) öffentlich seine Absichtserklärung ausgesprochen, gegen den rechten Ungeist in der Truppe vorzugehen, kam nun mit zweijähriger Verspätung ein neuer Skandal ans Licht der demokratischen Öffentlichkeit: 1995 durfte der Neonaziführer Manfred Roeder, der 1982 wegen mehrerer Sprengstoffanschläge, versuchter Anstiftung zum Mord und Beteiligung als Rädelsführer an einer rechtsextremen terroristischen Vereinigung verurteilt worden war, an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg über sein Lieblingsthema „Übersiedlung von Rußlanddeutschen in den Raum Königsberg“ referieren. Ein bedauerlicher Irrtum, weil man in Offizierskreisen nichts von den Aktivitäten des Neonazis wußte?
Auch wenn Rühes Absicht, Neonazis den Weg in die Truppe zu erschweren, in die Tat umgesetzt wird, hat der „braune Spuk“ in den Kasernen noch lange kein Ende. Dafür sorgen hochkarätige Militärs, die selbst ewiggestrige Werte pflegen. Öffentlichkeitswirksam wird dieses Gedankengut jedoch zumeist erst kurz nach der Pensionierung geäußert. Bis dahin hält man sich auch von Zusammenschlüssen politisch Gleichgesinnter fern – der Karriere wegen.
Als Militärs von echtem Schrot und Korn ist das Gebrüderpaar Reinhard und Franz Uhle-Wettler hinreichend bekannt. „Auf in den Kampf!“ ruft Brigadegeneral a.D. Reinhard Uhle-Wettler seinem stramm rechten Kameradenkreis in der Vierteljahresschrift Deutschland in Geschichte und Gegenwart (DGG, 2/96) aus dem Hause des Tübinger Grabert-Verlags zu. In einem an politischer Hetze kaum zu überbietenden Artikel schreibt Uhle-Wettler, zuletzt stellvertretender Kommandeur der 1. Luftlandedivision in Bruchsal, daß gegen Deutschland ein „unerbittlicher Krieg aus dem Dunkel mit allen Formen von Täuschung, Hinterlist, Bestechung, Verrat, Verführung und psychologischer Kriegsführung sowie von Gewalt jedweder Art bis hin zu Mord und heißem Krieg“ geführt werde. Es gelte, „die inländischen Kollaborateure und Opportunisten abzulösen und den ausländischen Erpressern und Unterdrückern mit Klugheit und kühlem Kopf entgegenzutreten“.
Seit seiner Pensionierung hat sich Uhle-Wettler zu einem führenden „Hans Dampf in allen rechten Gassen“ gemausert. Mit Referaten beglückte er in den letzten Jahren unter anderem die Vereinigung „Kultur und Zeitgeschichte – Archiv der Zeit“, die sich das Ziel der „Sicherung eines wahren deutschen Geschichtsbildes“ auf die Fahnen geschrieben hat, ebenso wie die „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GFP), die größte rechtsextreme kulturpolitische Gruppierung in der Bundesrepublik.
Vorrangiges Ziel ist für Uhle- Wettler „eine einige und starke Rechte“, wie er in Nation + Europa (NE, 9/95) schreibt. Zuvor bejammerte er im gleichen Organ (NE, 10/94) das „geschlagene und verstümmtelte Deutsche Reich“, das nun auf einen „territorialen Minimalbestand“ geschrumpft sei. Die „Annexion Ostdeutschlands durch Polen“ nennt er in der FAZ (28. 11. 1990) eine „schlichte Erpressung“.
Während Reinhard regelmäßig im Ostpreußenblatt seine Ansichten kundtut, hat Franz Uhle-Wettler seit Jahren die Periodika Junge Freiheit (JF) und Criticon als publizistische Sprachrohre für sich entdeckt. Ganz im Sinne revisionistischer Historikerkreise, die neuerdings darzulegen versuchen, daß Hitler mit dem Überfall auf die Sowjetunion einem drohenden Angriff Stalins zuvorgekommen sei, schrieb er in der JF (6/91): Wer den deutschen Überfall am 22.Juni 1941 „als gesicherte historische Wahrheit darstellt, der ist nicht ernst zu nehmen“.
Die beiden befinden sich in illustrer Gesellschaft. Neben Generalmajor a.D. Gerd-Helmut Komossa, der wie Brigadegeneral a.D. Wolfgang Gerhardt regelmäßig im revanchistischen Ostpreußenblatt veröffentlicht, ist da einer wie der Vier-Sterne-General a.D. Günter Kießling, Referent am Seminar des ultrarechten „Gesamtdeutschen Studentenverbandes“ (GDS) und Autor im Ostpreußenblatt sowie in den rechtsextremen Blättern Europa, Wir Selbst und in der JF. Kießling hat jüngst seine „Zehn Thesen gegen die Diffamierung der deutschen Wehrmacht“ verfaßt, die in verfassungsfeindlichen Postillen begeistert nachgedruckt werden. Der „geborene Soldat“ (Junge Freiheit) Günter Poser, Konteradmiral a.D., von 1964 bis 1969 MAD-Chef, hetzte in den rechtsextremen Unabhängigen Nachrichten vom September 1996 auf acht Seiten gegen die „legalisierte Lynchjustiz“ der Nürnberger Prozesse. Diese waren, so Poser, „für die Weltöffentlichkeit inszenierte politische Schauprozesse in Ausübung von barbarischem Sieger- und Besatzungsrecht“.
Skandalös ist nicht nur, daß der bekennende Neonazi Manfred Roeder an der Führungsakademie der Bundeswehr seine Ansichten verbreiten konnte, sondern daß Militärs wie Uhle-Wettles über Jahrzehnte die Ausbildung und Führung von jungen Menschen oblag – mal abgesehen von der Tatsache, daß in der 1955 gegründeten Bundeswehr Hunderte von altgedienten Kameraden Karriere machten. Anton Maegerle
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