: Angetan von der schönen Heraldik
■ In Bremen steht jetzt ein Kommandant unter Beschuß, der sich im Jahre 1992 geweigert haben soll, eine Reichskriegsflagge abzuhängen
Im Zusammenhang mit dem Fall Roeder sind jetzt auch in Bremen schwere Vorwürfe gegen ein hochdekoriertes Mitglied des Heeres laut geworden. So soll der Standortälteste Dirk von Grohne noch zu seiner Münchner Dienstzeit im Jahr 1992 als Kommandant der dortigen Offiziersschule zwei angehende Offiziere nicht an dem Hissen der Reichskriegsflagge gehindert haben. Diese Vorwürfe äußerte jetzt der Oberstleutnant a.D. Helmuth Prieß, inzwischen Vorsitzender des bundeswehrkritischen Magazins Darmstädter Signal.
Nach seinen Angaben hatte er Einsicht in ein Schreiben von Grohnes an das Heeresamt Köln. Darin soll der jetzige Bremer Standortälteste den Vorfall verteidigt und sich strikt geweigert haben, die Fahnen abzuhängen. Seine angeblichen Einwände in dem Schreiben: Die Flagge sei Symbol der Kaiserzeit und habe eine schöne Heraldik. Laut Prieß erging daraufhin eine Anweisung des Heeresamts, die Fahnen zu entfernen. Prieß: „Erst dann hat sich von Grohne bequemt, die Flaggen abzuhängen. Disziplinarische Maßnahmen hat er dafür nicht kassiert.“ Er sei vielmehr die Treppe hochgefallen und Stabsoffizier geworden. „Und von solchen Fällen kenne ich nicht nur diesen. Wenn Rühe stets von Einzelfällen spricht, kann ich nur lachen.“
Von Grohne dementiert diese Vorwürfe heftig. Er bezeichnete Prieß wörtlich als „Spinner und Nestbeschmutzer“. Nach seinen Angaben hat es den Vorfall, den Prieß beschreibt, niemals gegeben. Als mögliche Erklärung für die Anschuldigungen Prieß' kann sich von Grohne nur eine Anweisung des Heeresamts Köln denken. 1992 hatte es von dort eine Anweisung gegeben, Reichskriegsflaggen dürften in Bundeswehrunterkünften nicht mehr aufgehängt werden. Anlaß waren Brandanschläge auf Aussiedlerheime in Brandenburg, bei denen massenhaft Flaggen im Zusammenhang mit rechtsradikalen Straftaten in Erscheinung traten. Fritz von Klingräff/
Jens Tittmann, Bremen
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