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Jeder zehnte Autofahrer fährt schwarz

■ Berlins Autofahrer zahlen ihre Steuern nicht: 160.000 Halter schulden dem Land insgesamt 81,5 Millionen Mark. Finanzverwaltung will säumigen Zahlern verstärkt Gerichtsvollzieher schicken und Auto zur

Jeder zehnte Autofahrer auf Berlins Straßen fährt schwarz: Etwa 160.000 HalterInnen bleiben die Kfz-Steuer schuldig. Insgesamt beliefen sich die Steuerrückstände der motorisierten Steuerzahler bis Ende November auf 81,5 Millionen Mark. Das geht aus Unterlagen der Finanzverwaltung hervor.

Gemeldet sind in Berlin etwa 1,4 Millionen Kraftfahrzeuge. Laut Finanzverwaltung sind die Rückstände bei der Kfz-Steuer mit 16,6 Prozent der eigentlich ausstehenden Summe „überdurchschnittlich hoch“. So sollten in den letzten 12 Monaten seit Dezember 1996 insgesamt 500 Millionen Mark an Kfz-Steuer an das Land überwiesen werden. Doch 157.285 Kfz- Halter – Personen und Firmen – zahlten nicht. Zieht man die Zahlungsrückstände ab, bei denen die Finanzverwaltung die Zahlung gestundet, ausgesetzt oder erlassen hat, bleiben noch 76,5 Millionen Mark, die der Landeskasse vorenthalten werden – und die das Land nun verstärkt eintreibt.

Den säumigen Zahlern soll es an die Brieftasche gehen, erklärt der Sprecher der Finanzverwaltung, Dirk Wildt. „Die Schuldner von Steuerrückständen von insgesamt 11 Millionen sind inzwischen durch eine Mahnung zur Zahlung aufgefordert worden.“ Bei den Verursachern von weiteren 57 Millionen Steuerschuld ist die Verwaltung schon einen Schritt weiter: Hier wurde den Finanzämtern bereits der Rückstand angezeigt. Nun bereiten die Finanzbeamten Kontenpfändungen vor oder schicken den Gerichtsvollzieher ins Haus.

Wenn der Gerichtsvollzieher mit leeren Händen zurückkommt, greift das Finanzamt zur schärfsten Waffe: Es meldet die säumigen Zahler dem Landeseinwohneramt. Dieses schreibt dann den unversteuerten Wagen zur Fahndung aus. Wenn der Polizei das Auto über den Weg fährt, wird die Steuermarke vom Nummernschild gekratzt und das Auto damit stillgelegt. „Die Drohung mit dieser Maßnahme führt in der Regel zu einer erstaunlich guten Zahlungsmoral“, so Wildt.

In Zeiten chronisch leerer Kassen will die Finanzverwaltung die schwarzen Schafe schneller scheren. Die Meldung säumiger Zahler an die Finanzämter als Vollstreckungsstellen und die Nachricht zur Stillegung an die Landeseinwohnerämter geschehe inzwischen schneller als früher, so Wildt. Insgesamt hat das Land seit Ende 1995 die Steuerrückstände um 632 Millionen Mark abgebaut. Damit schulden die BürgerInnen dem nahezu konkursreifen Land Berlin nur noch 1,43 Milliarden Mark.

Zu den Steuerunwilligen zählen auch Autobesitzer aus dem ehemaligen Ost-Berlin, die ihr Auto nach der Vereinigung 1990 nicht ausreichend oder gar nicht versteuerten. Doch ein großer Teil der Schulden sind neueren Datums: Für Schulden in Höhe von 19 Millionen Mark wurde erst im letzten Jahr die Rückstandsanzeige an die Finanzämter ausgegeben. Die Kfz- Steuer, deren Aufkommen vollständig den jeweiligen Landeskassen zufließt, brachte 1994 bundesweit 14 Milliarden in die Staatssäckel. Bernhard Pötter

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