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Lauschangriff hängt an Bremen

■ Das kleine Bundesland entscheidet die Abstimmung im Bundesrat: Stimmenthaltung wahrscheinlich. Kommt Vermittlungsausschuß?

Berlin (taz) – Über die Haltung Bremens zum Großen Lauschangriff ist noch nicht entschieden. Bürgermeister Henning Scherf, dessen ablehnende Haltung bekannt ist, will sich bis zur Entscheidung seines Senats am 3. Februar nicht äußern. Aber folgender Weg zeichnet sich ab: Bremen enthält sich im Bundesrat am 6. Februar. Das würde den Weg für den Vermittlungsausschuß freimachen.

Das rot-schwarz regierte Bremen besitzt im Bundesrat genau jene drei Stimmen, die für eine Zweidrittelmehrheit in der Länderkammer noch fehlen. Die fünf rot-grün regierten Länder werden sich alle enthalten. So hängt das Schicksal des Großen Lauschangriffs allein an dem kleinen Bundesland. Stimmt es am 6. Februar zu, ist der jetzt ausgehandelte Kompromiß Gesetz; lehnt es ab, ist das weitere Vorgehen offen.

Am wahrscheinlichsten ist, daß der Bundesrat gleich nach der Abstimmung ein Vermittlungsverfahren in Gang setzt. Das würde bedeuten, daß Regierung und Opposition erneut, jetzt zum dritten Mal, nach einem Lauschangriff-Kompromiß suchen würden. Die Stimmenmehrheit von SPD und Grünen würde für den Vermittlungsausschuß ausreichen. Aber die Grünen wollen gar keinen neuen Kompromiß. Sie wollen weder den jetzt vereinbarten noch einen nachgebesserten Lauschangriff – sie wollen gar keinen. Ein möglicher Ausweg: Die Grünen stimmen dem Antrag auf einen Vermittlungsausschuß zu, dessen Ergebnis aber lehnen sie dann ab.

Die SPD hingegen hat auch kein großes Interesse an neuen Verhandlungen. Sie hat sich mit ihrer Zustimmung zum Lauschangriff ohnehin schon weit aus dem Fenster gelehnt. Aber neuen Verhandlungen würde sie sich angesichts der massiven Kritik an der jetzigen Regelung wohl doch nicht entziehen. So oder so – auch die Bonner Sozialdemokraten hängen an Bremen. Bremen wird, das hat Lafontaine am Montag versichert, selbst entscheiden, wie es im Bundesrat abstimmt. J.K.

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