: Konversionsförderung auf der Kippe?
■ Prof. Huffschmidt: Warum der Eurofighter Arbeitsplätze kostet / Konversionsbeauftragter: Förderprogramme fortsetzen
In dieser Woche wird die bremische Bürgerschaft über die Bedeutung der Wehrtechnik im Lande Bremen debattieren. Der Konversionsbeauftragte Prof. Wolfram Elsner hat aus diesem Anlaß deutlich davor gewarnt, die Konversionsprogramme abzubrechen. Die Europäische Union fördert Konversionsprojekte nämlich nur mit maximal 50 Prozent der nationalen Fördersumme, in Bremen sind seit 1992 insgesamt 57,8 Millionen Mark an Fördergeldern vergeben worden – mehr als 30 Millionen davon aus dem Landeshaushalt.
Bei 14 der insgesamt 47 geförderten Projekte mußte der Wehrbeauftragte einen Mißerfolg einräumen: „Wir müssen sie abschreiben“, sagt Elsner, aber geht aber davon aus, daß die 18 noch laufenden Projekten alle erfolgreich sein werden. „Wir mußten doch Firmen stabilisieren“, räumte er die großzügige Förderpraxis aus den Anfangsjahren ein. Extremster Fall: Der Firma „Deutsche Systemtechnik“(DST) hat das Land aus 100 Prozent Eigenmitteln sogar für 4,5 Millionen Mark das eigene Firmengrundstück abgekauft – auch diese Summe taucht in der Liste der „Konversionsprojekte“auf. DST galt als Vorzeige-Firma und hat für acht Konversions-Projekte Gelder erhalten – vor dem Konkurs.
STN Atlas etwa hat nach der Übernahme durch Rheinmetall den Firmenbeauftragten für Konversion rausgeschmissen und mitgeteilt, daß alle Konversionsprojekte daraufhin überprüft würden, ob es für die geplanten Produkte einen Markt gebe. Die Überprüfung ist noch nicht abgeschlossen, der Ansatz findet aber die Zustimmung des Konversionsbeauftragten: Wenn die Firmen mit den Konversionsprodukten kein Geld verdienen könnten, dann sei die Vergabe von Fördergeldern für die technischen Entwicklungen auch unsinnig, meinte Elsner.
Deutlich warnte Elsner vor der Hoffnung, aus Aufträgen im Militärbereich neue Beschäftigung zu erwarten: Ganze 170 Arbeitskräfte haben nach offiziellen Angaben durch die Eurofighter-Aufträge in Bremen Arbeit. Der Uni-Professor Jörg Huffschmidt hatte jüngst erklärt, der Eurofighter sei ein „bayerisches Industrieprojekt“und koste Arbeitsplätze, wenn man gegenrechnen würde, welche sinnvollen staatlichen Aufträge sonst mit den 33 Milliarden Mark vergeben werden könnten.
Bremen ist ein Zentrum der Rüstungsindustrie, und die Rüstungsfirmen haben aufgrund der Auftragseinbußen im Militär-Bereich seit 1990 ca. 20 Prozent ihrer Wehrtechnik-Arbeitsplätze abgebaut. Derzeit arbeiten noch 8.700 Menschen in Wehrtechnik-Betrieben.
Die geförderten Betriebe nehmen die Konversions-Gelder natürlich gern an, da sie an keine speziellen Konversions-Auflagen gebunden sind. Die DASA arbeitet an einem Flugroboter für zivile Zwecke, die Bremerhavener Motorenwerk MWB, das früher Pershing-Raketen gewartet haben, baut heute mit Erfolg Blockheizkraftwerke. Das Frauenhofer-Institut für Angewandte Materialforschung hat für diverse Projekte insgesamt 3,8 Millionen Fördergelder bekommen. STN Atlas hat mit Hilfe von Konversionsgeldern sein Satelliten-Telefon entwickelt oder etwa die für militärische Projekte entwickelte Simulatoren-Technik für Fahrschulen und Kraftwerke fortentwickelt. Eine nennenswerte Rolle beim Unternehmensergebnis spielen die erträge aus dem zivilen Geschäft allerdings nicht. Dies ist der Hintergrund, vor dem die Wehrtechnik-Betriebe sich nach wie vor mehr für die höchst rentablen Militär-Aufträge interessieren als für Konversion. Um so wichtiger, sagt der Konversionsbeauftragte Elsner, die Betrieben bei ihrer langfristig erforderlichen Umsteuerung auf zivile Produkte mit staatlicher Hilfe zu begleiten. K.W.
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