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Das lächelnde Geld stiftet Unfrieden

Seit Eritrea eine eigene Währung eingeführt hat, gibt es mit der benachbarten früheren Besatzungsmacht Äthiopien erhebliche Verstimmungen – bis hin zu Handelsblockaden und rhetorischen Anleihen am Golfkrieg  ■ Aus Asmara Wolde Smit

In Schambuko im warmen südwestlichen Tiefland Eritreas läuft manches anders. Ein alter Großonkel, so erzählt der 20jährige Assanay Yusief, wurde Opfer eines argen Mißverständnisses mit der eigenen Währung, die Eritrea seit November besitzt. Analog zum US-Dollar sehen die neuen Nakfa- Geldscheine alle gleich aus, von den Zahlen abgesehen – aber wie 80 Prozent der Eritreer ist der Großonkel Analphabet. Als er erfuhr, daß die Zahl 100 „eine Menge Geld“ bedeutet, nahm er einen 1-Nakfa-Schein, malte ein paar gerade erlernte Nullen dazu und ging einkaufen. Der Händler auf dem Markt nahm den bemalten Schein – und erlebte eine böse Überraschung, als er ihn in der Provinzhauptstadt Barentu einem weiteren Händler überreichen wollte. Das alles erzählt Assanay mit einem versonnenen Lächeln in einem von der Melodie der Kunama- Sprache gefärbten Tigrinnisch, in das er das Aufstöhnen und Aufschreien des alten Herren, alle Schimpfworte und Ausdrücke ungläubigen Staunens beimengt.

Der Staat gilt nicht viel bei den an Naturalienwirtschaft gewohnten Kunama im Südwesten Eritreas. Die Beziehung der Bewohner des südwestlichen Tieflands zu den herrschenden Hochland-Eritreern ist eher von Skepsis geprägt. Seit der Einführung der eigenen Währung versucht Eritreas Staat, der aus einem 30jährigen, hartnäckig geführten Unabhängigkeitskampf hervorging, sämtliche Volksgruppen zu integrieren. Die Verwechslungsgefahr bei den neuen Scheinen, sagt man, ist nicht ganz unbeabsichtigt – so begreife die Bevölkerung, wie wichtig es ist, wenigstens die Zahlen zu lernen. Analphabeten lernen nun, das lächelnde Tigrinya-Mädchen mit dem Wert von 20 Nakfa in Verbindung zu bringen und den stolzen Blick einer Tigre-Frau als 1 Nakfa zu identifizieren.

Doch Unabhängigkeit ist nicht schmerzlos zu haben. Hinter den Überlandgrenzen zu Äthiopien, das mit der Abspaltung Eritreas seinen Zugang zum Meer verlor, sind die Kontrollen scharf geworden. Die Insassen eines Busses, der aus Eritrea nach Äthiopien wollte und hinter der Grenze bei Rama angehalten wurde, berichten: Ihnen sei eine Ansprache gehalten worden, daß nach neuesten Regelungen nur die Einfuhr harter Währungen erlaubt sei. Wer Nakfa mit sich führe, gelte als Schmuggler. Die Bezahlung äthiopischer Waren könne nur noch mit US- Dollar erfolgen oder mit „Credit Letters“, wie sie Äthiopien auch mit anderen Nachbarstaaten benutzt. Daraufhin sei sämtlichen Passagieren, zumeist nordäthiopischen Kleinhändlern, alles eritreische Geld abgenommen wurden. Selbst die Kasse des Busfahrers wurde beschlagnahmt.

Die Einfuhr von „Nakfa und Haschisch“ sei verboten, bestätigt ein äthiopischer Zöllner. Die Äthiopier verlangen im Zahlungsverkehr US-Dollar – die Eritreer verlangen die Anerkennung ihres Nakfa. Der Kleinhandel mit würzigem äthiopischem Kaffee und dem Getreide Taff, Hauptnahrungsmittel der äthiopischen und eritreischen Hochländer, stockt.

Auf eritreischer Seite gibt es weiter nur die üblichen Zollkontrollen. Der liberalen Wirtschaftspolitik Eritreas entsprechend ist die Einfuhr äthiopischer Birr nicht begrenzt. Mitte Januar wurden die äthiopischen Zollbehörden in Asseb, Eritreas zweitgrößte Hafenstadt, jedoch aufgefordert, den Hafen innerhalb einer Woche zu verlassen. Asseb ist trotz der Unabhängigkeit Eritreas ein Freihafen für Äthiopien geblieben, 80 Prozent aller dort umgeschlagenen Waren gehen nach Äthiopien. Im Dezember war Asseb einer totalen Versorgungsblockade durch Äthiopien ausgesetzt worden: Sämtliche Nahrungsmittel aus Äthiopien wurden an der hier besonders nahen Grenze zurückgehalten, lediglich Wasser würde geliefert. Die eritreische Regierung hielt diese Informationen zurück, reagierte aber sofort und entsandte regelmäßig Schnellboote mit Nahrungsmitteln aus Mitsiwa (Massawa) nach Asseb.

Das seit rund zwei Jahren geltende Freihandelsabkommen zwischen Eritrea und Äthiopien ist inzwischen Makulatur. Vor wenigen Wochen meldeten arabische Zeitungen sogar Schußwechsel an der Grenze. Aber laut Tesfay Qeletta, verantwortlicher Herausgeber der eritreischen Regierungspresse, ist eigentlich nichts geschehen. Man werde sich schon einigen. Gelassen reagiert auch die eritreische Bevölkerung. Das äthiopische Taff, heißt es oft, sei sowieso nicht gut für den Magen, und es gebe in Eritrea so viel ungenutztes Land zum Anbau von Nahrungsmitteln.

Derweil ist in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba eritreisches Salz dreimal so teuer wie früher, und Äthiopien hat mit Eritrea einen Markt verloren. Innenpolitisch hat sich Äthiopiens Präsident Meles Zenawi, der von weiten Teilen seiner Bevölkerung abgelehnt wird, durch das harte Vorgehen gegen Eritrea profilieren können. Der Wirtschaftsstudent Wondwesen an der Universität von Addis Abeba gibt ein gängiges Argument wieder: Sei es etwa gerecht, daß Eritrea über 1.000 Kilometer Küste verfüge und Äthiopien über gar keine? Diese letzte Frage ist pikant angesichts der Art, wie die gemäßigt oppositionelle äthiopische Addis Tribune zur Vernunft aufruft: Man möge doch die wirtschaftlichen Beziehungen zu Eritrea pflegen; immerhin sei das Land vielleicht das künftige afrikanische Kuwait. Derzeit wird an der eritreischen Küste tatsächlich nach Öl gebohrt. Doch war Kuweit nicht jener Staat, der einmal von seinem wesentlich größeren Nachbarn überfallen wurde?

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