piwik no script img

Frauen-Fahrschule ausgebremst

Fahrlehrerverband und Steuerzahlerbund intervenierten beim Arbeitsamt  ■ Von Silke Mertins

Es riecht nach Öl. Schrauben, Werkzeug und Motorteile sind allüberall verstreut. Auf der Hebebühne wartet ein Auto auf erste Hilfe. Ein uralter VW-Käfer quetscht sich durch die schmale Einfahrt der Werkstatt. Es ist Mittwochnachmittag in der Frauen-Selbsthilfewerkstatt „Pfiffigunde“in Ottensen, und ab 15 Uhr wird hier geschraubt, geschweißt, geölt und gewerkelt.

Auch Vorstandsfrau Claudia Vollmer hat ihre blaue Arbeitskleidung an und ruft: „Hier lang“. Rechts neben der Hebebühne, vorbei an der Schmiede führt eine Metallgittertreppe in einen weiteren, noch im Rohbau befindlichen Raum. „Hier soll der Unterrichtsraum rein“, sagt sie. Denn „Pfiffigunde“will eine Frauenfahrschule gründen. „Seit Jahren bekommen wir Anfragen, ob Frauen bei uns ihren Führerschein machen können“, so Vollmer. „Die Nachfrage ist da, und dann sollte man sie auch decken.“Doch dazu müssen zunächst Fahrlehrerinnen ausgebildet werden. Vier Dozentinnen wurden bereits angeheuert. Über 50 Interessentinnen haben sich auf die 15 Ausbildungsplätze gemeldet.

Doch dann kam vom Arbeitsamt unerwartet der negative Bescheid. „Die angebotene Weiterbildungsmaßnahme ist arbeitsmarktpolitisch nicht zweckmäßig“, heißt es in dem Ablehnungsschreiben. Es gebe genug Fahrlehrer. Die Entscheidung verwundert um so mehr, als der Fortbildungskoordinator des Arbeitsamtes, Holger Jung, sich in der Auto Bild massiv für das Projekt eingesetzt hatte. „Bisher sind 97 Prozent der Ausbilder Männer“, argumentiert er. Das Interesse an Fahrlehrerinnen sei groß.

Der Fahrlehrerverband sieht das entschieden anders und fürchtet die weibliche Konkurrenz. Hilfesuchend wandte er sich an den Bund der Steuerzahler (BdST). Und der fand prompt, eine Verschwendung öffentlicher Gelder drohe mit der Förderung einer Frauen-Fahrschule. Es bestünde mit knapp 400 FahrlehrerInnen in Hamburg bereits ein Überangebot. „Viele Fahrschulen krebsen herum“, so BdST-Geschäftsführerin Gertrud Erdmann. Dabei sei es „unwesentlich, wie viele dieser Fahrlehrer männlichen oder weiblichen Geschlechts sind“. 21 Fahrlehrer, davon zwei Frauen, sind arbeitslos, ergab eine CDU-Anfrage.

„Abstrus“findet „Pfiffigunde“-Vorstandsfrau Vollmer die Begründung. Denn Männer „können beim Bund eine Fahrlehrerausbildung umsonst machen“. Auf dem freien Markt kostet sie 20.000 Mark. Folglich würden schon jetzt in einem Bereich „staatlicherseits Männer gefördert“, der für Frauen nicht zugänglich ist. „Wir werden auf jeden Fall weitermachen, auch wenn wir dafür einen privaten Kredit aufnehmen müssen.“

Um es soweit nicht kommen zu lassen, stellt die GAL Altona heute in der Bezirksversammlung einen Antrag: „Der Herr Bezirksamtsleiter wird gebeten“, sich „beim Arbeitsamt Hamburg und dessen Frauenbeauftragten für eine Bewilligung“einzusetzen. Denn der Ablehnungsbescheid führe „jegliche berufliche Förderung von Frauen in Männerberufen ad absurdum“.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen