: Hessens Grüne folgen der Parteiführung
■ Trotz verbaler Attacken gegen Parteiführung und Fraktion spricht sich der Parteirat der hessischen Grünen für Priska Hinz als neue Umweltministerin aus. Parteispitze: Mit der schnellen Entscheidung w
Frankfurt/Main (taz) – Die Landtagsabgeordnete Priska Hinz wird die neue hessische Umweltministerin. Wie zuvor schon die Landtagsfraktion und der Parteivorstand in Wiesbaden votierten auch die Delegierten des bündnisgrüne Parteirates in der Nacht zum Donnerstag mehrheitlich für Hinz. Die stellvertretende Vorsitzende der Landtagsfraktion war schon einmal Staatssekretärin im hessischen Umweltministerium. Hinz wird die Nachfolgerin von Margarethe Nimsch, die am vergangenen Sonntag wegen der Vorwürfe im Zusammenhang mit der „Amiga- Affäre“ zurückgetreten war.
Im Vorfeld der Entscheidung des Parteirates hatten sich Delegierte aus acht Kreisverbänden der Partei noch gegen die ihrer Auffassung nach „vorschnelle“ Nominierung von Hinz ausgesprochen. Doch die von den Kritikern der Führungsspitze prognostizierte Palastrevolution fand im Bürgerhaus von Griesheim nicht statt: 90 Prozent der knapp 50 stimmberechtigten Delegierten aus den Kreisverbänden und der 8 Mitglieder des Landesvorstandes stimmten kurz vor Mitternacht der Nominierung von Priska Hinz zu. Zudem beauftragten sie ihre Fraktion und die Parteiführung, mit dem Koalitionspartner SPD Verhandlungen über einen neuen Zuschnitt des Superministeriums für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit aufzunehmen. Verhandlungsziel: die Schaffung eines klassischen Umweltministeriums unter Einbeziehung der Bereiche Forsten und Naturschutz, die bis dato noch zum Geschäftsbereich von Innenminister Gerhard Bökel (SPD) gehören. Im Gegenzug ist die Partei bereit, die sozialen Geschäftsbereiche an die SPD abzutreten. Der Parteirat behielt sich vor, das Verhandlungsergebnis abschließend zu würdigen.
Auf das von den Grünen vorgeschlagene Ressortmodell will sich der Koalitionspartner SPD allerdings nicht einlassen. „Es wird kein Kompensationsgeschäft geben“, erklärte gestern der SPD-Fraktionschef Armin Clauss. Am kommenden Montag morgen wollen die beiden Fraktionen die Verhandlungen aufnehmen.
Auf der Sitzung des grünen Parteirats war die Basis lautstark mit den Machern in Wiesbaden ins Gericht gegangen. Fraktion und Vorstand hätten die Partei nur einen Tag nach der Demission von Nimsch mit dem Personalvorschlag Hinz vor vollendete Tatsachen gestellt, hieß es. Ein Votum des Parteirates gegen diesen Personalvorschlag, so ein wütender Delegierter aus Mittelhessen, würde unter diesen Umständen einem Mißtrauensvotum der Basis gegen die Fraktion und die Parteiführung gleichkommen und die Partei in eine noch schwerere Krise stürzen. Zwar fiel das Wort Erpressung nicht, aber viele Delegierte, wie etwa der Gießener Regierungspräsident Hartmut Bäumer, fühlten sich zu einem Votum für Hinz gepreßt. Die Macher um den Fraktionsvorsitzenden Alexander Müller und den Parteivorsitzenden Tom Koenigs verteidigten sich mit dem Hinweis, daß eine lange Personaldebatte um die Besetzung des Umweltministeriums der Partei schwersten Schaden zugefügt hätte. Mit dem raschen Votum für Hinz habe man in der Krise wenigstens Entschlußkraft demonstriert. Müller: „Ich kenne den ganzen Unmut; aber wir hatten keine andere Wahl als die schnelle Nominierung.“ Den größten Beifall der langen Nacht erhielt Landesgeschäftsführer Jens Kröcher für seine schlichte Feststellung: „Wir haben ein Problem.“
Die Finanzpolitikerin Priska Hinz, gegen die am Ende nur sechs Delegierte stimmten, gab sich danach zuversichtlich, auch die Kritiker aus den Reihen der renommierten Umweltschutzverbände überzeugen zu können, die eine Umweltpolitikerin auf dem Sessel der Umweltministerin sehen wollten. Hinz: „Ich meistere den Job.“ Klaus-Peter Klingelschmitt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen