: Belgrad sagt Terroristen im Kosovo den Kampf an
■ Staatsmedien spielen Kriegsgefahr herunter. Getötete Polizisten als Nationalhelden gefeiert
Belgrad (taz) – Der jugoslawische Bundespräsident Slobodan Milošević meldete sich nach den gewaltsamen Zusammenstößen am vergangenen Wochenende im Kosovo sofort zu Wort. Er rief alle Kosovo-Albaner auf, „kein Blut für die Interessen politischer Profiteure und ausländischer Mentoren zu vergießen“, denn die Zukunft Kosovos sei ein friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben von Serben und Albanern. Der Staat werde mit allen „sezessionistischen Terroristen“ abrechnen und die verfassungsrechtliche Ordnung im ganzen Land sichern. Belgrad fordere die EU und die USA auf, die Anschläge albanischer Terroristen unmißverständlich zu verurteilen, denn sie blockierten jede politische Lösung.
Der Vorsitzende der Milošević- Sozialisten im Kosovo, Vojislav Zivković, schlug in die gleiche Kerbe. „Es gibt keinen Staat auf dieser Welt, der nicht mit entsprechenden Maßnahmen terroristische Banden bekämpfen würde, die seine Ordnungshüter umbringen“, erklärte er. Nach den Ereignissen vom Wochenende sei die Gereiztheit der serbischen Polizei verständlich. Bei gewaltsamen Zusammenstößen waren am Sonnabend mindestens zwei serbische Polizisten getötet worden, am Sonntag wurden mehrere Anschläge auf serbische Häuser und Polizeistationen verübt.
Die staatlichen Medien in Serbien bemühen sich, den Eindruck zu erwecken, daß Belgrad die explosive Situation im Kosovo im Griff habe. Die jungen erschossenen Polizisten werden enthusiastisch als nationale Helden gefeiert, der Erfolg der serbischen Polizei unter der allgemeinen Schlagzeile „16 Terroristen umgebracht!“ bejubelt. Zumindest was eine, notfalls gewaltsame, Lösung im Kosovo angeht, sind sich alle politischen Parteien in Serbien einig: „Das heilige serbische Land“, wo sich die ältesten serbisch-orthodoxen Klöster befinden, wird ein Teil Serbiens bleiben!
Gleichzeitig wird die wirkliche Bedrohung, die sich im Kosovo zusammenbraut, heruntergespielt. So erklärte der kommandierende General des jugoslawischen Heeres in Priština, die einzigen bewaffneten Kräfte im Kosovo seien die jugoslawische Armee und die serbische Polizei. Die geheimnisvolle „Befreiungsarmee von Kosovo“ die die Verantwortung für mehrere Dutzend Terroranschläge auf serbische Polizisten übernommen hat, sei eine Gruppe von Terroristen und keine Streitmacht. Mit den Sicherheitsproblemen im Kosovo könne die Polizei allein fertig werden, das Eingreifen der Armee sei nicht notwendig.
Das jedoch könnte sich bald ändern. Anstatt eines erhofften politischen Dialogs wird eine militärische Lösung im Kosovo immer wahrscheinlicher. Die Auseinandersetzungen am Wochenende waren die größten seit den albanischen Massendemonstrationen 1989, als Serbien die Autonomie Kosovos aufgehoben hatte. Und zwar nur eine Woche nachdem der amerikanische Sondergesandte für den Balkan, Robert Gebhardt, Belgrad und Priština besucht und einen Dialog zwischen Serben und Albanern angekündigt hatte.
Überdies stellen die jüngsten Ereignisse im Kosovo auch wieder den brüchigen jugoslawischen Bund Serbiens mit Montenegro auf die Probe. Auf den jüngsten Vorstoß der demokratischen Partei der Sozialisten des montenegrinischen Präsidenten Milo Djukanović reagierte Belgrad verstimmt. Die Partei will dem Parlament vorschlagen, daß Montenegro keine Rekruten nach Kosovo schickt. Und zwar so lange nicht, wie dort die Unruhen andauern. Andrej Ivanji
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