piwik no script img

Glanz und Elend des Ocean-Parks

■ Freizeitforscher bezweifelt Kompetenz der Köllmann-Gruppe

Eine „Verlagssonderbeilage“mit den beziehungsreichen Stichworten „Die Zukunft – Ocean Park – Bremerhaven“hat am Sonnabend die LeserInnen der Bremerhavener Nordsee-Zeitung beglückt. 32 Seiten Vierfarb-Reklame, viel Blau und Anzeigen satt. Nur die Anzeige der Köllmann-AG sucht man vergebens. Und wenn das alles auf Hochglanz Papier gedruckt wäre, könnte es als Köllmann-Werbedruck durchgehen Die wunderschöne Ocean-Park-Welt scheint ungetrübt optimistisch und an keiner Stelle verunreinigt durch sachliche Probleme. Bremerhaven und sein lokales Monopol-Blatt kennen kein Pro und Contra, keine Argumente mehr, wenn es um den Ocean-Park geht, sondern nur noch Bremerhavener Lokalpatriotismus.

Um so erstaunlicher, wie kritisch sich die Welt in ihrer Montagsausgabe mit dem Projekt auseinandersetzt. Dort kommt Heinz Scherrieb ausführlich zu Wort, der seit 1973 das Würzburger Institut für Fremdenverkehrs- und Freizeitforschung leitet und Geschäftsführer der European Waterpark Association ist. „Die sechs bestflorierenden Parks in Deutschland erwirtschaften ein Betriebsergebnis von 8,50 Mark pro Kopf“, sagt Scherrieb. Erst bei mehr als acht Millionen BesucherInnen würden sich die Investitionen rechnen. Scherrieb hält aber schon die zwei Millionen, von denen der Projekt-Planer Köllmann ausgeht, für „absolut unrealistisch“. „Völlig verfehlt“findet Scherrieb auch die von den Köllmann-Architekten angesetzten horrenden Baukosten. Üblich in der Branche sei es, preiswert zu bauen, weil die Attraktionen „immer wieder umgestaltet“werden müßten. Rücklagen für Umbauten hatte die Köllmann-Gruppe in ihren Finanzplanungen aber vergessen. Wie sieht der Freizeitforscher die Kompetenz der Köllmann-Gruppe, der die Wirtschaftspolitiker aus Bremen so weitgehend vertraut haben? „Seine Versuche, in der Freizeitbranche Fuß zu fassen, werden skeptisch bis ablehnend betrachtet, da er als totaler Laienspieler gilt, der von öffentlichen Subventionen angezogen wurde.“

In der Tat hat die Köllmann-Gruppe trotz intensiver Bemühungen weder eine vertrauenswürdige Betreiber-Firma mit einschlägiger Erfahrung gefunden noch einen Investor, der bereit wäre, den wesentlichen Teil des unternehmerischen Risikos zu tragen. Die Skepsis, die Scherrieb offen ausspricht, ist geeignet, die abwartende Haltung möglicher Investoren und Betreiber zu erklären. Scherriebs Rat an die Bremer Politik: „Wenn die Politik Steuergelder von fast einer Milliarde Mark nicht grob fahrlässig zum Fenster hinauswerfen will, dann muß zunächst die Erkenntnis reifen, daß die Parks in dieser Form ein Traum waren, von dem sie sich verabschieden müssen.“ K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen