: Bezirksfinanzausgleich strittig
■ CDU und SPD befürworten zwar einen Finanzausgleich zwischen armen und reichen Bezirken. Bislang wollen sie aber nur 20 Millionen Mark umverteilen. Grüne für grundlegende Reform
CDU und SPD befürworten übereinstimmend einen Finanzausgleich zwischen den bessergestellten Bezirken und denen, in denen sich soziale Probleme ballen. Neue Schubkraft hat die Debatte nicht nur durch die Zunahme sozialer Brennpunkte in den Innenstadtbezirken, sondern auch durch die Bezirksreform erhalten. Vor allem Kreuzberg und Friedrichshain, die mit ihrer Zusammenlegung unzufrieden sind, fordern eine finanzielle Kompensation. Doch in der Umsetzung sind die Koalitionsfraktionen bislang halbherzig.
Lediglich eine Umverteilung von 20 Millionen Mark haben CDU und SPD in einer Arbeitsgruppe des Hauptausschusses in Aussicht gestellt. „Das ist ein Einstieg“, sagte gestern der bündnisgrüne Haushaltsexperte Burkhard Müller-Schoenau, „aber es ist viel zuwenig. Um etwas ausrichten zu können, bräuchte man 200 Millionen Mark.“ Auch kritisierte er den ursprünglich geplanten Verteilungsmodus: Allen Bezirken sollte zunächst ein Dreiundzwanzigstel der 20 Millionen von der Globalsumme abgezogen und dann neu verteilt werden. Dieser gleichmäßige Abzug hätte bei unterschiedlich großen Globalhaushalten dazu geführt, daß die armen Bezirke Friedrichshain und Tiergarten sogar weniger zurückbekommen hätten, als ihnen abgezogen wird. Auf Initiative der Grünen soll in der heutigen Sitzung der Arbeitsgruppe ein gerechteres Modell der Umverteilung beschlossen werden.
Eine systematische Neuordnung der Globalhaushalte, wie sie die Grünen vorgeschlagen haben, stößt bei der Mehrheit der Arbeitsgruppe aus vier Abgeordneten und vier Bezirksbürgermeistern auf Skepsis. Auch die Mehrzahl der Bezirke steht einer Neuordnung ablehnend gegenüber. Die Bezirke mit intakter Sozialstruktur befürchten, daß sie bei einem neuen Berechnungsmodus weniger Geld in der Kasse haben werden. Denn Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) wird für einen Finanzausgleich auf keinen Fall zusätzliche Gelder zur Verfügung stellen.
Burkhard Müller-Schoenau kritisiert dagegen, daß sich das Haushaltsvolumen der einzelnen Bezirke über die Jahre willkürlich entwickelt hat und nicht dem Bedarf entspricht. Dieses Ungleichgewicht werde durch die Globalhaushalte nur fortgeschrieben.
Für eine systematische Neubemessung der Globalhaushalte nach sozialen Kriterien sprach sich gestern auch der stellvertretende SPD-Fraktionschef Hermann Borghorst aus. Auf die Frage, wie realistisch es sei, ein neues Berechnungsmodell für die Globalsumme der Bezirke in den Beratungen des Haushalts für 1999 zu verabschieden, antwortete er: „Das vereinfacht die Sache nicht, aber es ist notwendig.“ Dorothee Winden
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