Press-Schlag
: Auftrag: Versöhnung

■ Wie der Schalker Fußballprofi Yves Eigenrauch sich als Nationalspieler einführt

Seltsam. Überall hieß es: Yves Eigenrauch (26) redet nicht, Yves ist überhaupt anders. Bild wärmte seit Tagen auf, daß er mit dem Fahrrad zum Training fahre. Und der Kicker berichtete erstaunt von „absichtlich verwackelten“ Fotografien, die der Ostwestfale, Profi bei Schalke 04, als Buch herausgegeben habe.

Was ist das für einer? Gestern bekam er in Stuttgart die Möglichkeit, sich bei seiner ersten Pressekonferenz als DFB- Fußballer neu zu designen. Frisch ist der Ruhm des Mannes, der mit Uwe-Seeler-Frisur und anderen deutschen Qualitäten Ronaldo, den besten Fußballer der Welt, lahm gearbeitet hat. Defensivkraft Eigenrauch könnte in diesen Tagen der „faulen Fußballmillionäre“ das Publikum mit den ihm fremd gewordenen Helden versöhnen.

Das ist viel verlangt von einem Mann, der nach einem langwierigen Knorpelschaden im Knie „froh ist, gerade wieder auf die Beine gekommen zu sein“. DFB-Trainer Vogts streitet ab, den Überraschungsgast aus Gründen der Public Relations gerufen zu haben. Schalke- Coach Stevens habe ihm geraten: „Warte noch auf Yves.“ Da bloß noch das morgige Testspiel gegen Brasilien und ein zweites im April gegen Nigeria bleiben, „mußte ich sofort reagieren“.

Also: Eigenrauch ist da, soll aber nicht aus Populismusgründen auflaufen, sondern den Chef angeblich zunächst in den zwei weiteren Trainingseinheiten überzeugen. Der Mann selbst sagt, es sei „eine müßige Diskussion, mich als atypischen Fußballer hinstellen zu wollen“. Bitte keine Pauschalisierungen: Er sei Profi, schaue aber trotzdem „gerne in ein Buch“ rein. Er mag zwar auf dem Platz gern alles geben, sich aber „nicht als Holzhacker definieren“.

Berti Vogts, wie immer um Humor bemüht, überlegt zwecks Abschreckung „ein Bild von ihm in Ronaldos Kabine zu hängen“. Eigenrauch allerdings mag nicht derjenige sein, der es aufhängen muß. Am Ende hatten sich jedenfalls alle köstlich amüsiert, und Eigenrauch zuckte erst merklich, als der Kamerawald gar zu dicht geriet. Ein ganz normaler Mensch, offenbar. Allerdings: Die ganze Zeit hatte er seine Brille in der Hand. Jetzt mal im Ernst: Wie sieht das denn aus? Ein Nationalspieler macht das nicht. Peter Unfried, Stuttgart