: Werber gegen Berber
■ Anzeige einer Bremer Firma ruft Werberat auf den Plan / „Technischer Fehler“
Wer nicht wirbt, der stirbt, dachte sich der Fernsehmeister Peter Horn und gab bei der Bremer Werbeagentur „Mach'was“eine Anzeige in Auftrag, um für seinen Service zu werben. Seitdem steht das Telefax der Firma Radio Apostel tatsächlich nicht mehr still. Doch die Reaktion ist anders, als sich Horn erhofft hat. Er würde alte Leute und Berber als faule Penner diskriminieren, empören sich BremerInnen. Die Anzeige, die in der Sonntagsausgabe des Weser-Kurier erschienen ist, zeigt einen alten Mann mit Bart. „Er kommt vor 13 Uhr nicht aus dem Bett“, steht neben dem Bild. Ein schwarzer Pfeil zeigt auf die Nase des Mannes. Darunter wird das Foto zweier Service-Mitarbeiter gezeigt. „Sie kommen noch am selben Tag zu Ihnen, wenn Sie uns bis 13 Uhr anrufen - versprochen.“
Die Anzeige hat inzwischen den Deutschen Werberat in Bonn auf den Plan gerufen. Das Gremium fungiert als freiwillige Selbstkontrolle des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). „Natürlich muß das Gremium entscheiden“, sagt Volker Nickel, Geschäftsführer des ZAW. „Aber es ist äußerst fragwürdig, ältere und jüngere Menschen auf diese Weise gegenüberzustellen – egal in welchem Zusammenhang. Bei solchen Gegenüberstellung läuft man Gefahr, eine Menschengruppe zu verletzen. Und das lehnt der Werberat ab.“
Beim Deutschen Werberat kann sich jeder Kunde – auch anonym – beschweren. 1997 machten 330 BürgerInnen ihrem Ärger Luft. 235 Beschwerden bezogen sich wie im vorliegenden Fall auf Anzeigen von Firmen. In 54 Fällen war der Werberat nicht zuständig und leitete die Beschwerden zum Beispiel an die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs weiter. 181 Kampagnen nahm der Werberat unter die Lupe. In 116 Fällen teilte das zwölfköpfige Gremium die Kritik der Kunden nicht. Sechsmal sprach der Werberat eine öffentliche Rüge aus. Diese Rügen werden in der Presse veröffentlicht. 59 Firmen zogen ihre Anzeigen nach dem Einschreiten des Werberates freiwillig zurück. „Ein schlechtes Image will niemand riskieren“, so Nickel.
Auch Peter Horn sieht seine Anzeige mittlerweile mit anderen Augen. „Keiner von uns hat daran gedacht, irgendjemanden zu diskriminieren“, versichert der Unternehmer. „Wir wollten was Einzigartiges und haben deshalb die Agentur beauftragt. Wir wollten darstellen, daß wir wacher sind als andere und brauchten ein passendes Gegenstück. Ich fand das Gesicht einfach nur interessant.“Er habe 20 Mitarbeiter, darunter sogar einen Türken, betont Horn.
Auch Werner Stoffregen, Geschäftsführer der Werbeagentur „Mach'was“, ist zerknirscht. „Es tut uns wahnsinnig leid“, sagt er. Die Anzeige sei ein „technischer Fehler“. „Ein Kreativer“habe die Anzeige entworfen. Nach internen Diskussion sei der Entwurf wegen seines diskriminierenden Inhalts abgelehnt worden. Aufgrund eines „Kommunikationsfehlers sei sie – nach Absprache mit dem Kunden – per ISDN zum Weser-Kurier gesendet worden.
Auch beim WK gibt man der Technik die Schuld. „Das kam über ISDN, und keiner hat so genau draufgeguckt“, sagt Anzeigenleiter Werner Elberskirch, bei dem ebenfalls empörte Faxe eingegangen sind. Der WK hätte als größter Werbeträger aus rechtlichen Gründen allerdings eine schlechte Handhabe, derartige Anzeigen abzulehnen. Doch diese Frage stellt sich nicht mehr. Horn: „Sowas machen wir natürlich nie wieder.“Der Unternehmer denkt jetzt über eine Gegenanzeige nach. kes
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