: „Fußball, so deutsch, wie er deutscher nicht sein kann“
■ Bundestagsabgeordneter Rezzo Schlauch über seine gemischten Erfahrungen als rechter Verteidiger der Grünen Tulpe bei den vorgeblich alternativen deutschen Fußball-Meisterschaften
taz: Ist das Ihr erstes Fußball- Interview, Herr Schlauch?
Rezzo Schlauch: Nein, nein. Ich hab' ja in Stuttgart in Landtagsmannschaften gespielt, in Promi- Mannschaften, da wird man halt gefragt.
Was fragen die Kollegen denn so...?
Immer das gleiche. So müde Fragen: Vergleiche zwischen Fußball und Politik. Wo Ähnlichkeiten sind. Ich sag' dann immer: Es geht um Sieg oder Niederlage. Manchmal muß man mit einem Unentschieden zufrieden sein.
Aha, der Politiker, der den Kompromiß liebt.
Gar nicht. Der Kompromiß ist vom Wesen her eigentlich schlecht. Ich bin immer für klare Verhältnisse. Besser der entscheidende Elfer geht früh rein, dann weißt du Bescheid.
Ein später und sehr umstrittener Elfmeter im letzten Spiel brachte Ihr Tulpe-Team um das Viertelfinale.
Ach ja, aber darüber sind wir jetzt nicht mehr traurig. Es war doch toll hier. Die Piranhas haben das saugut gemacht. Das Ambiente, das Umfeld, die Leute, das Rahmenprogramm bis hin zum Kasperletheater für die Kinder: traumhaft! Ich häng' hier zwei Tage total ab.
Es gab Pfiffe gegen Sie.
Ach, das waren Buhrufe von Kommando Letzte Schicht Oberhausen gegen uns grüne Politiker, als wir denen zugelost wurden. „Die ziehen wir ab“, haben sie gebrüllt. Das ist so eine anarchoähnliche Gruppe. Aber wir haben gewonnen, haushoch sogar. Wir sind hoch zufrieden. Gutes Tabellen- Mittelfeld – gutes Omen.
Omen? Jetzt sind Sie wieder bei der Politik, Herr Schlauch. Das große Transparent: Der Ball ist ründ, das Sie dabeihaben, mit dem grünen Ü-Logo, das ist doch auch eindeutig Wahlkampf.
Quatsch. Dann wäre es ja auch Wahlkampf, wann immer ich in Stuttgart in die Kneipe gehe. Hier ist Fußball und raus aus dem Trott. Und nebenbei miterleben, daß es links von den Grünen auch noch was gibt. Diese Oberhausener, dann die Roten Hosen aus Ostberlin, die Balltänzer aus Bielefeld. Man kriegt ja viel so am Rande mit.
Noch mal zum Omen: Die Tulpe hat bislang einmal, 1990, an der deutschen Meisterschaft teilgenommen und flog danach prompt aus dem Bundestag.
Haben die nicht 1989 auch mitgespielt?
In der schriftlichen Bewerbung der Grünen Tulpe steht: 1990. Und Umfragen geben Ihnen derzeit um die 5 Prozent...
...bei seriösen Instituten sind wir schon wieder bei 8 Prozent...
Herr Schlauch, zurück zum Sportlichen: Wie war der Fußball?
Na ja, das Fußballspielen selbst ist so deutsch, wie es deutscher nicht sein kann. Von wegen alternativ. Nix da.
Sondern?
Soviel Ehrgeiz, soviel Ernst. Da wird gemault ohne Ende und verbissen gespielt und gegrätscht manchmal. Überhaupt nicht souverän – das hat mich doch überrascht. Halt alles, was man vom Fußball sonst so kennt. Auch wenn diese Scheiß-DFB-Hierarchien nicht da sind, die Mentalität bleibt deutsch. Wir spielen ja jede Woche in Bonn gegen das BKA (Bundeskriminalamt, d. Autor) oder gegen den Verfassungsschutz...
Geht es da etwa lockerer zu?
Ja. Da geht es auch zur Sache, aber auf dem Platz ist es insgesamt freundschaftlicher. Turniere haben wohl eine eigene Ehrgeiz-Dynamik. Aber bitte: Sobald ein Spiel hier vorbei ist, ist es auch mit dem Ehrgeiz vorbei. Dann steht wieder jeder zu seinen Schwächen und kann darüber lachen.
Wie beurteilen Sie die eigene Leistung?
Doch, ich bin sehr zufrieden. Kein Tor verschuldet. Alles in allem eine ganz tolle Sache. Schön war auch, daß ich alte Bekannte getroffen habe, aus Freiburg, von Hinter Mailand.
Parteifreunde?
Nein. Eher Linke. Interview: Bernd Müllender
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen