piwik no script img

■ Regina Pickel-Bossau, Priesterin in AndernachLeidvoller Ablösungsprozeß

Regina Pickel-Bossau, 50, steht dem römischen Klerus nicht gelassen gegenüber. Sie stammt aus einem streng katholischen Andernacher Elternhaus. Als Vierjährige erkrankte sie an Kinderlähmung und behielt davon eine Gehbehinderung zurück. Das brachte ihr in der katholischen Kleinstadt viele Zurückweisungen ein.

In ihrem Körper müsse auch ein behinderter Geist wohnen, vermutete einer ihrer Lehrer. Als junge Frau wollte sie Nonne werden. Mehrere Orden lehnten ab, da sie „keine unversehrte Braut Christi“ mehr sei. Pickel-Bossau ließ sich zur Sonderschullehrerin ausbilden.

1991 trat sie der altkatholischen Gemeinschaft bei. Seit ihrer Weihe vor zwei Jahren leitet sie deren Gemeinde in ihrem Geburtsort. Dort begegnet sie Menschen, die ihre leidvollen Erfahrungen mit den „Römern“ teilen. Viele in ihrer Gemeinde haben sich in einem jahrelangen, schmerzhaften Prozeß von ihrer alten Gemeinde gelöst, weil sie sich seelsorgerisch nicht mehr aufgehoben fühlten.

Das Merkblatt, das in ihrem Gemeindesaal ausliegt, liest sich wie ein Forderungskatalog zum Kirchenvolksbegehren: Betont wird die Mitverantwortung aller Getauften, also auch der Kirchenlaien. Sie stellen Bischöfen und Priestern die Eheschließung frei, lassen Geburtenregelung zu und schließen Geschiedene nicht von den Sakramenten aus. Regina Pickel-Bossau darf gescheiterte Ehen scheiden und der neuen Ehe ihren Segen geben.

Die Lebensferne römischer Dogmen macht sie für das ständig sinkende Interesse am Katholizismus verantwortlich. Gut fände sie, „wenn die Leute, statt sich ganz von der Kirche zu entfernen, altkatholisch würden“. Daniela Weingärtner

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen