piwik no script img

Geburtstag der besonderen Art

■ Polizisten hätten ihn als "Kanaken" beschimpft und ihn massiv bedroht, klagt ein 18jähriger, der beim Graffiti-Sprayen erwischt wurde. Eltern planen jetzt Anzeige wegen Hausfriedensbruchs

Drei Freunde wollten einem vierten ein originelles Geburtstagsgeschenk machen: Sie sprühten an einen Pfeiler der Monumentenbrücke das 1,5 mal 3 Meter große Graffiti „Ben 19“. Kaum waren sie fertig, kamen unerwartete Gratulanten.

Vier Polizisten überraschten sie in der Nacht von Samstag auf Sonntag, als sie ihr Geschenk für Ben, der 19 Jahre alt geworden war, gerade beendet hatten, und nahmen die Jugendlichen aus Kreuzberg und Schöneberg fest. Was sich dann abspielte, werden die Jungs nicht so schnell vergessen. Der 17jährige Sebastian sagte zur taz, daß die Beamten zumindest zu ihm und einem anderen „ganz nett“ gewesen seien und gefragt hätten, ob sie derlei Aktionen für einen „guten Einstieg ins Leben“ hielten.

Der Dritte im Bunde, der 18jährige Rami, bekam jedoch eine Extrabehandlung. Der Sohn einer deutschen Mutter und eines libanesischen Vaters wurde nach Angaben von Sebastian als „Türkensau“ beschimpft. „Ich wurde als ,Kanacke‘ und ,Schwuler‘ verbal fertiggemacht“, bestätigt Rami. Mehrmals sei er von einem der Polizisten als „schwule Sau“ beschimpft worden. Als er keine Aussagen über seine Freunde machen wollte, sei ihm angedroht worden, daß sich im Knast „genug Männer darauf freuen, euch in den Arsch zu ficken“.

Während die Polizei die Jugendlichen mehrere Stunden in Einzelzellen festhielt und erkennungsdienstlich behandelte, wurden ihre Eltern in den frühen Morgenstunden von Beamten geweckt, die die Wohnungen durchsuchten.

Die Polizei bestätigte gestern lediglich den Polizeieinsatz und ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung gegen die drei Jugendlichen. Zu den verbalen Ausfällen und den Hausdurchsuchungen konnte der Polizeisprecher keine Angaben machen. Er wies jedoch darauf hin, daß Hausdurchsuchungen, noch dazu in den frühen Morgenstunden, nur „bei Gefahr in Verzug“ durchgeführt werden. Die Eltern der Jugendlichen wollen nun Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstatten. Barbara Bollwahn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen