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Petrodollars wichtiger als Meinungsfreiheit

■ Ein Parlamentarier aus dem Tschad wurde vor seiner Reise nach Brüssel verhaftet

Brüssel (taz) – Der Gerichtstermin war geschickt gewählt. Gestern morgen um 8.30 Uhr wurde im Tschad der Umweltpolitiker Ngarlegy Yorongar wegen Verleumdung des Parlamentspräsidenten in den Gerichtssaal geführt. Genau zu dieser Zeit sollte Yorongar im Europaparlament in Brüssel seine Kritik an einem Ölprojekt von Esso, Shell und Elf vortragen. „Das wollte die Regierung des Tschad verhindern“, sagte Djamidoum Ley-Ngardigal, der statt Yorongars nach Brüssel gereist ist.

Unterstützt von der Weltbank, wollen Esso, Shell und Elf im Tschad neue Ölfelder erschließen und durch eine Pipeline mit der Kameruner Küste verbinden. Nach Informationen mehrerer Nichtregierungsorganisationen werden durch das Mammutprojekt Äcker und Flüsse bedroht, was weite Teile der Bevölkerung aus dem fruchtbaren Doba-Becken verdrängt. Doch die Konzerne nehmen darauf nur wenig Rücksicht. Die nach Weltbank-Regeln eigentlich üblichen Auflagen für Umweltprüfungen und Umsiedlungspläne wurden weitgehend ignoriert. Der voraussichtliche tägliche Ausfluß von 10.000 Liter Öl in die Natur wurde kurzerhand als umweltvertäglich eingestuft.

Der tschadische Abgeordnete Yorongar versucht seit Jahren, die internationale Öffentlichkeit auf die Probleme aufmerksam zu machen. Die Grünen im Europaparlament haben ihn deshalb zum diesjährigen P-7-Gipfel der ärmsten Länder nach Brüssel eingeladen. Doch wenige Tage vor dieser Reise wurde seine parlamentarische Immunität aufgehoben und Yorongar verhaftet. Der Botschafter des Tschad versuchte gestern in Brüssel das Vorgehen seiner Regierung zu rechtfertigen. Der Tschad sei ein armes Land und deshalb auf die Einnahmen aus dem Ölgeschäft angewiesen, sagte Adjideye Idriss, die Verhaftung sei zudem rechtmäßig, weil Yorongar den Parlamentspräsidenten in einem Interview beschuldigt habe, von Elf rund 750.000 Mark angenommen zu haben. Doch das umstrittene Interview war bereits vor einem Jahr. „Yorongar ist verhaftet worden“, sagte Ley-Ngardigal auf dem P-7-Gipfel, „weil er den Mut hatte, die Probleme mit dem Ölprojekt international bekannt zu machen.“ Er betonte, daß es nicht darum gehe, das Projekt zu stoppen: „Die Menschen im Tschad brauchen das Geld.“ Aber nur internationaler Druck könne die Konzerne dazu bringen, den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt ernst zu nehmen.

„Elf regiert faktisch das Land“, kritisiert Ley-Ngardigal den Einfluß des französischen Konzerns. Ein Vertreter der EU-Kommission bestätigte, daß die Regierung des Tschad Kritiker des Ölprojekts zunehmend als Staatsfeinde betrachte. Man habe deshalb den deutschen Botschafter im Tschad stellvertretend für die EU beauftragt, das Verfahren gegen Yorongar zu beobachten. Die Grünen fordern eine Sondersitzung des Europaparlaments. Alois Berger

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