: Nach dem Streit die Versöhnung
■ Zwischen Polen und Deutschland gibt es keine Fragen hinsichtlich der Grenze zwischen beiden Ländern. Dies stellen Präsident Kwasniewski und Außenminister Kinkel eindeutig klar
Bonn (dpa) – Nach der jüngsten deutsch-polnischen Kontroverse in der Frage der Heimatvertriebenen haben Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) und Polens Präsident Aleksander Kwasniewski versöhnliche Töne angeschlagen. „Die deutsch-polnischen Beziehungen sind sehr gut“, versicherte Kwasniewski am Samstag in Berlin. „Wir wissen, daß es spezifische Fragen gibt, die diskutiert werden müssen.“
Zuvor hatte Kinkel klargestellt, zwischen beiden Ländern gebe es keine Grenzfragen. Es sei falsch, das Verhältnis mit bilateralen Fragen zu belasten, die aus der Vergangenheit stammten. Nach dem Beitritt Polens zur EU werde es aber Bedingungen geben, die die Diskussion über offene Vermögensfragen erleichterten, sagte Kinkel. Anlaß der Turbulenzen war eine Entschließung des Bundestags, die am Freitag in scharfer Form vom polnischen Abgeordnetenhaus, dem Sejm, zurückgewiesen wurde. Der Bundestag hatte am 29. Mai mit den Stimmen von Union und FDP unter anderem erklärt, daß die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg aus Bonner Sicht völkerrechtswidrig war. Außerdem wurde die Erwartung geäußert, daß Heimatvertriebene Niederlassungsfreiheit in Polen erhalten, wenn das Land zur EU gehört. Der Sejm hatte dem Bundestag „Zweideutigkeiten“ und „gefährliche Tendenzen“ vorgeworfen.
Kinkel erklärte dazu am Samstag in Bonn, die Resolution des Sejm „trägt dem versöhnlichen Ansatz des Bundestagsbeschlusses nicht Rechnung“. Deutliche Kritik übte Kinkel zugleich an deutschen Vertriebenen-Funktionären: „Wenn der polnische Sejm jetzt so reagiert, ist das auch Ausdruck der Beunruhigung angesichts schriller Töne der Vertriebenen-Präsidentin und anderer in Deutschland in Richtung unserer mittel- und osteuropäischen Nachbarn.“
Kwasniewski warnte davor, den Prozeß der EU-Osterweiterung zu verlangsamen, eine Verzögerung des Erweiterungsprozesses würde nur neue Trennlinien schaffen. Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, sagte am Samstag im Westdeutschen Rundfunk, wer in die Europäische Union wolle, müsse auch zum Dialog über die Menschenrechtsverletzungen bereit sein, die Ende des Zweiten Weltkriegs an Deutschen begangen wurden. Insofern sei Polen noch nicht reif für einen EU- Beitritt.
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