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Fußballspielen macht frey

■ Sportverein-Jugendwart fädelt Finanzierung einer Reise durch den DVU-Chef Frey ein. Reise wurde storniert, der Jugendwart entlassen

Die kleinen C- und E-Jugend- Fußballer vom Marzahner Sportverein Grün-Weiß Ahrensfelde müssen in den gerade begonnenen Sommerferien auf eine fünfwöchige USA-Reise verzichten. Zumindest fliegen sie nicht auf Kosten des Münchener Rechtsextremisten und DVU-Parteichefs Gerhard Frey. Auf einer Versammlung Ende vergangener Woche wurde dieser Verzicht von der Vereinsführung und den Eltern der jungen Kicker beschlossen.

Von einer Finanzierung der geplanten Reise durch den Rechtsextremisten, an der neben den Kindern auch Eltern und einige Vereinsvertreter teilnehmen sollten, hatte bislang nur einer gewußt: Bernd Kahse, der Jugendwart des Grün-Weiß Ahrensfelde. Kahse war, wie er schildert, nach vielfachen Versuchen, die für die Reise noch fehlenden 85.000 Mark – 70.000 sollten die TeilnehmerInnen selbst bezahlen – einzuwerben, am Montag vergangenener Woche an einen Münchener Anwalt herangetreten. Dieser hatte ihm dann prompt die Unterstützung von Frey besorgt. Ohne Bedingungen, wie Kahse betont. In einem Brief an den Marzahner Bezirksbürgermeister Harald Buttler konnte der Jugendwart daraufhin, so berichtet die Berliner Zeitung, stolz verkünden: „Dr. Gerhard Frey und DVU retten die Reise“.

Die Führung des Grün-Weiß Ahrensfelde hat sich von Kahses Aktion entschieden distanziert. „Wir sind sauer, daß wir als Verein auf diese Weise mit der DVU in Verbindung gebracht werden“, erklärte der Vereinsvorsitzende Torsten Gerhardt. Kahse wurde inzwischen seines Amtes enthoben, die Reise abgesagt, Alternativen für die Kinder wurden gesucht.

Kahse hat zugegeben, „einen riesengroßen Fehler“ gemacht zu haben. Juristische Folgen wird sein Eingeständnis aber nicht verhindern: Eltern der Nachwuchskicker haben bereits angekündigt, gerichtlich gegen ihn vorzugehen, da sie befürchten, die Stornokosten der Reise tragen zu müssen. Und der Verein wirft Kahse finanzielle Unregelmäßigkeiten vor; auch von dieser Seite drohen Ermittlungen.

Der entlassenen Jugendwart ist indes nicht nur beim örtlichen Sportverein aktiv, sondern dazu auch noch SPD-Mitglied. Ob er das noch länger sein wird, soll in dieser Woche erörtert werden. „Wir sind darauf vorbereitet, die Mitgliedschaft zu suspendieren“, sagte gestern der Marzahner SPD- Vorsitzende Clemens Thurmann. Das sei jedoch von einem persönlichen Gespräch mit Kahse abhängig. Warum der Sozialdemokrat auf ein Angebot des Rechtsextremisten eingegangen ist, kann sich auch Thurmann nur schwer erklären, denn Kahse „kann man alles nachsagen, aber bestimmt nicht, daß er ein Rechtsextremist ist“. Vermutlich, so Thurmann, „wußte Kahse schlichtweg nicht mehr weiter“. Die Reise sei schon gebucht gewesen, das Geld wegen einer plötzlichen Kostensteigerung ausgegangen. Außerdem habe sein Parteigenosse nach eigenem Bekunden nicht gewußt, wer Gerhard Frey ist. Barbara Junge

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