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Union wehrt „den Anfängen“

Wahlplattform zur Inneren Sicherheit in München vorgestellt: „Null Toleranz bei Rechtsbruch und Gewalt“. SPD-Innenpolitiker nennt Programm „monströs“  ■ Aus München Bernd Siegler

Mit der Forderung „Null Toleranz bei jedem Rechtsbruch und jeder Gewalt“ gehen CDU und CSU in den Bundestagswahlkampf. Bei der Vorstellung des ersten Teils ihrer Wahlplattform hatten die Unionsparteien 61 Tage vor der Bundestagswahl jedoch Mühe, sich inhaltlich von den am Tag zuvor von der SPD präsentierten Law-and-order-Parolen abzugrenzen.

Der Vorsitzende der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Schäuble, warf daher der SPD ein „großangelegtes Betrugsmanöver“ vor. CSU-Chef Theo Waigel sprach von einem „Akt der Volksverdummung“. „Wehret den Anfängen“ heißt die Parole der Unionsparteien, unter der sie künftig die „Verwahrlosung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Plätzen durch Drogenszenen und Alkoholismusmilieu, durch Vandalismus, Schmierereien und aggressives Betteln bekämpfen will“. Schäuble beschwor den „starken, handlungsfähigen Rechtsstaat“. Er erteilte einer Entkriminalisierung von Bagatelldelikten sowie einer Freigabe von weichen Drogen eine klare Absage. Statt dessen solle eine bundesweite, verdachtsunabhängige Schleierfahndung und eine „mit allen technischen Mitteln“ ausgestattete Polizei die „Freiheit der Bürger schützen“. Unter dem Stichwort „Vorbeugung“ fiel CSU-Chef Waigel nur der „Vorbeugegewahrsam“ ein.

In ihrer Wahlplattform beklagen die Unionsparteien einen „erschreckenden Anstieg der Kinder- und Jugendkriminalität“. Sie fordern für kriminelle Jugendliche „in schweren Fällen“ die Unterbringung in geschlossenen Heimen, die Verurteilung nach Erwachsenemstrafrecht und die Anhebung der Höchststrafe von zehn auf 15 Jahre.

Ein „konsequentes Vorgehen gegen kriminelle Ausländer“ solle zusätzlich das „Rechtsbewußtsein stärken“. Hochzufrieden ist CSU- Chef Waigel, daß der Satz „Wer unser Gastrecht mißbraucht, muß unser Land verlassen“, mittlerweile zum „Allgemeingut in Deutschland“ geworden sei. „Vor einem Jahr hat man uns deswegen noch als Rechtsradikale gescholten.“ In welcher Form sich die innerhalb der Unionsparteien umstrittene CSU-Forderung „Deutschland sei kein Einwanderungsland“ in der Wahlplattform wiederfindet, will man zusammen mit Bundeskanzler Kohl am 12. August in Bonn klarstellen.

Der SPD-Innenpolitiker Otto Schily sagte zum Unionsprogramm, es enthalte „zum Teil unsinnigste Forderungen und Übertreibungen“ – etwa die „monströse“ Heraufsetzung der Höchststrafe für Jugendliche von bisher zehn auf 15 Jahre. Die Grünen warfen der CDU und CSU vor, mit ihrer Wahlplattform von ihrem Versagen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ablenken zu wollen. Hauptursache der Kriminalität seien Massenarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit, sagte die Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kerstin Müller.

Daß sich die SPD mit ihrem Schatteninnenminister Otto Schily gleichfalls bei der Inneren Sicherheit als Hardliner-Partei profilieren will, wurmte die in München angetretene Unionsprominenz gewaltig. Angesichts solcher „roten Schamlosigkeiten“ ließ sich CSU- Chef Waigel zwar kein trotziges „Wir sind die Sheriffs“ entlocken. Aber gemeinsam mit Fraktionschef Schäuble befürchtet er, daß die SPD nach den Wahlen „wieder ihren alten linken Kurs“ einschlagen werde. Das christliche Motto, wonach „auch der spät bekehrte Sünder im Reiche des Herren willkommen“ sei, ließ Schäuble deshalb für die „charakterlosen Sozis“ nicht gelten.

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