Zum Sanierungs-Poker: Bayern spielt auf Zeit
■ Klage zum Länderfinanzausgleich kann sich mehrere Jahre hinziehen
Der Bremer Senat gibt einer Klage Bayerns und Baden-Württembergs gegen den Länderfinanzausgleich beim Bundesverfassungsgericht „nur geringe Erfolgsaussichten“. Der geltende Finanzausgleich sei erst vor wenigen Jahren einstimmig von Bund und Ländern mit dem Ziel der Integration der neuen Länder beschlossen worden, sagten gestern Bremens Regierungschef Henning Scherf (SPD) und Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU). Die Klageschrift soll an diesem Donnerstag beim Bundesverfassungsgericht abgegeben werden. Baden-Württemberg und Bayern seien mit ihrem politischen Vorstoß „eindeutig gescheitert“, sie würden die Klage nur „aus Gründen der Gesichtswahrung“ einreichen.
Der AfB-Finanzpolitiker Patrick Wendisch hat auf einen anderen Aspekt der Klage hingewiesen. „Die Klage ist auch taktisch motiviert“, sagt er. „Sie verzögert die Neuverhandlungen des Finanzausgleichsgesetzes zwischen dem Bund und den Ländern bezüglich der Sanierung Bremens und des Saarlandes. Dies kann für Bremen gefährlich werden, weil der Bund bislang in seinem Haushalt keine Mittel für die Sanierung Bremens und des Saarlandes eingestellt hat und die beiden Südländer, unterstützt durch Hessen, nicht bereit sein werden, die Hälfte der Sanierungszahlung unmittelbar zu tragen.“ Es drohe eine „gewollte Zeitverzögerung“ bei den Verhandlungen durch den Verweis auf diese Klage: Verfassungsgerichtsklagen zu dem komplexen Thema dauern erfahrungsgemäß mehrere Jahre. Da der Finanzausgleich bis zum Jahre 2004 einstimmig vertraglich geregelt ist, besteht auch kein Grund zur Eile für das Gericht – nur muß davon ausgegangen werden, daß die „Geberländer“ mit Hinweis auf ihre Klage jegliche Beteiligung an der Sanierung ablehnen.
„Herr Perschau hat nicht verhindert, daß der Bund die Gegenrechnung aufmacht, die Hilfe für Bremen – wie das Saarland – durch die Streichung der sog. Kosten politischer Führung zu finanzieren. Diese Tendenz war bereits seit mehr als einem Jahr erkennbar, und dies bringt Bremen gerade gegen das Saarland, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein in Stellung.“ Die taktische Seite der Vorstöße aus Bayern und dem Finanzministerium könnte so eine breite Front aus Geber- und Nehmer-Ländern gegen die bremischen Sanierungs-Nachforderungen sein. K.W.
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