: Hafenreviere: Chance für die Stadt
■ Fachforum der SPD-Fraktion über die Neugestaltung der alten Hafenreviere / Voscherau fordert „kreativen Planungsprozeß“
„Neue Nutzung der alten Häfen offen diskutieren“, das war das Motto, unter dem die Bremer SPD-Fraktion gestern ins Medienzentrum Walle eingeladen hat. Und wie bei den Stadtplanungs-Foren von CDU-Bausenator Bernt Schulte waren Architekten, Stadtplaner, Vertreter der Baufirmen und Politiker gekommen.
Der Trend im Hafengeschäft sei „eindeutig positiv“, berichtete Häfensenator Uwe Beckmeyer einleitend. Da, wo – wie im Falle des Überseehafens – ein Becken seit sieben Jahren für größere Schiffe nicht mehr befahrbar sei, würde gehandelt: Das Becken wird vollständig zugschüttet, der Großemarkt soll dort einen neuen Standort bekommen. Und die eingessenen Hafenbetriebe hätten die Sicherheit, daß sie am alten Standort expandieren könnten. Moderne Logistik-Unternehmen in den Bereichen Gefahrgut-Transport und Elektronik sollten verstärkt geworben werden.
Der Gast der Veranstaltung, der frühere Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau, wollte die Thematik „ein wenig anders“ angehen. Für die Wirtschaft verantwortliche Politiker stünden immer ein wenig „in der Defensive“ und würden alte Strukturen pflegen, er kenne das. Die alten Hafenreviere nur für eine gewerbliche Nutzung umzustrukturieren, sei aber eine „unzulässige Verengung“.
Diese Auseinandersetzung mit Häfen- und Wirtschaftssenator, die derzeit als Kompromiß zum Zuschütten des Überseehafen-Beckens geführt hat, hatte schon in der Zeit der Ampel-Koalition zu heftigen Konflikten mit dem damals für die Stadtentwicklung zuständigen grünen Senator Ralf Fücks geführt. Während Fücks Stadtplanungs-Abteilung, die heute für den CDU-Bausenator arbeitet, die City-Erweiterung bis an die Spitze der Europahafen-Zunge ausmalte, verkaufte Beckmeyer Sperrgrundstücke am Weser-Kai an Kelloggs.
Der Bremer Immbilien-Vertreter Michael Bongartz fühlte sich an diese alten Debatten erinnert, als Voscherau „punktuelle Entscheidungen“ kritisierte und daran erinnerte, daß hier de facto eine auf hundert Jahre wirksame Richtungsentscheidung in der Stadtgestaltung gefällt werde. Ein „kreativer Planungsprozeß“ sei erforderlich, keine Vorabfestlegung auf Gewerbe. Hamburg jedenfalls wolle die Chance offenhalten, die alten Hafenflächen der City wiederzugeben. Das bedeutet für Voscherau, den Menschen, die aus der City vertrieben wurden, auch wieder Wohnmöglichkeiten in der City zu geben: 30, 50, 70 Prozent Anteil Wohnen sind die Denk-Modelle, die für die „Hafencity Hamburg“ debattiert würden. Nach Süden ausgerichtete U-förmige Wohnblocks am Wasser könnten attraktiv sein. Nur wenige Städte hätten mit ihren Wasserflächen derart große Chancen, neue Attraktivität auch für moderne Lebensstile zu gewinnen. „Da ist man dabei oder nicht“, meinte Voscherau trocken. Bildschirmarbeitsplätze und Call-Center könnte es auch in Buxtehude geben, die Großstädte müßten das Ambiente für die „Knotenpunkte“ der Kommunikationsgesellschaft anbieten.
Der Staatsrätin im Stadtplanungs-Ressort, Ursula Luther, muß Voscherau aus der Seele gesprochen haben. Sie wiederholte ihre Warnung, sich zu kurzsichtig festzulegen: „Wir haben noch Chancen, man kann noch umsteuern.“ Der Ortsamtsleiter aus Walle/Gröpelingen, Bernd Peters, sprach aus, was sie im Kopf hatte: Die aktuellen Pläne am Überssehafen-Becken, beklagte sich Walles Ortsamtsleiter, lassen nicht einmal ein paar Meter Platz für einen Zugang der Bevölkerung zur Weserkaje. Am Flughafen werde für Stadtplanung viel Geld ausgegeben, bevor gebaut würde, warum denn nicht bei den alten Hafenrevieren vor Gröpelingen? K.W.
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