■ Danke, Berti!: Berti Vogts tritt als Fußball-Bundestrainer zurück - und macht es damit zum ersten und letzten Mal allen recht. Fiel er einer gesamtdeutschen Verschwörung zum Opfer?
Berlin (taz) – Berti Vogts hat gestern seinen Job als Cheftrainer des Deutschen Fußball-Bundes hingeworfen. Helmut Kohl bleibt zunächst Bundeskanzler, auch wenn Grünen-Vorstandssprecher Jürgen Trittin den „Männerfreund“ ermunterte, den „geeigneten Moment“ auch gleich zu nutzen. Vogts reagierte mit „Sportsgeist“ (Trittin), wenn auch etwas verspätet auf die landesweite Kritik an seiner Person und seiner Arbeitsweise. Die Nachfolge ist noch offen. Volker Finke (SC Freiburg) hat noch nicht absagt. Der von der taz ermittelte „Berti-Faktor“ des DFB-Teams, die Maßeinheit für Stillosigkeit auf und neben dem Spielfeld, sackte gestern vorübergehend von 83 auf 0 ab.
Vogts (51), gelernter Werkzeugmacher und ein ehemaliger Fußballprofi, darf nun zu Hause in Korschenbroich-Kleinenbroich sitzen und sich als Opfer einer Verschwörung fühlen. „Ich bin es mir selbst schuldig“, teilte der gelernte Verteidiger überraschend in der 1. Person Singular mit, „den letzten Rest Menschenwürde zu verteidigen, welcher mir noch geblieben ist.“ Seine engste Vertraute, Monika Vogts, hatte ihn dazu ermuntert.
„Hysterie“ nannte Vogts die mentale Verfassung der mit ihm in Malta weilenden Fachjournalisten. Tatsächlich hat er recht mit der Annahme, die Fußball-Testspiele auf Malta gegen Malta (2:1) und Rumänien (1:1) seien es nicht wert, daß sich eine Republik über sie errege. Darum ging es genausowenig wie um die Frage, ob auf Malta des Fußballehrers vage Annäherung an die Gegenwart des internationalen Fußballs gescheitert war – oder ob mit Vogts im EM-Qualifikationsspiel in der Türkei eine Niederlage drohe.
Es ging darum, daß der von den Ereignissen der WM sensibilisierten deutschen Öffentlichkeit die Bereitschaft abhanden gekommen war, Vogts' überraschende Stillosigkeit, seine teilweise den Stammtisch bedienenden Ansichten – und insbesondere seine Philosophien über „den Deutschen“ und dessen „Tugenden“ hinzunehmen. Nach einer niveauvollen WM wollte selbst das Fachpublikum den deutschen Fußball etwas internationaler gespielt – und wohl auch repräsentiert sehen.
Vogts war ein Mann, dem man zugute halten muß, daß er in einem von der Bild- Zeitung diktierten Mikrokosmos eine Anti-Springer-Linie durchzog. Am Ende aber gab er klein bei, opferte bei der WM seinen besten Spieler Olaf Thon für den Bild-Paladin Matthäus und machte zuletzt auch noch einen Bittgang nach Hamburg. Es half ihm nichts. Das ist die Tragik dieser Geschichte: Nach acht Jahren dürfen auch die Bild-Jäger jauchzen. Sie irren: Nicht sie haben Berti erledigt – Berti hat sich selbst erledigt. Peter Unfried
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