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Ostwirtschaft wächst nicht mehr

■ Beim Wirtschaftswachstum hängt der Westen Deutschlands den Osten weiter ab. Schuld sind Rußland und die Krise im Baugewerbe

Berlin (taz) – Günter Rexrodt war der schnellste. Kaum hatte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gestern morgen verkündet, daß sich das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal 1998 auf 1,7 Prozent verlangsamt hat, rechnete der Bundeswirtschaftsminister öffentlich weiter. Dann seien für das Gesamtjahr ja noch 2,9 Prozent insgesamt drin, erklärte er. Und: „Der Aufschwung setzt sich fort.“ Konjunkturforscher zeigten sich dagegen negativ überrascht. Nicht, weil der Anstieg des Bruttoinlandprodukts – also der Summe aller in Deutschland produzierten Waren und Dienstleistungen – im ersten Quartal noch bei 4,3 Prozent gelegen hatte, sondern weil das Wachstum im Osten Deutschlands komplett stagniert.

Eine Spreizung zwischen Ost und West hatten die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihren Prognosen durchaus vorhergesehen, allerdings nicht in dieser Größenordnung – der Null im Osten steht ein Plus von 1,8 Prozent im Westen gegenüber. Wesentlich beigetragen zum schwachen Ergebnis im Osten hat vor allem die Krise im dortigen Baugewerbe. Weil seit der Wiedervereinigung im Osten sehr schnell sehr viel an Infrastruktur, Wohn- und Bürohäusern entstand, wuchs das Baugewerbe viel zu schnell und fungierte sogar lange als Konjunkturmotor. Jetzt hat es mit riesigen Überkapazitäten zu kämpfen. Allein im 2. Quartal ging die Bauleistung um 13 Prozent zurück. „Das sind die Marktbereinigungsprozesse“, sagte Udo Ludwig vom Wirtschaftsforschungsinstitut in Halle. Allerdings war das IWH in seiner Prognose nur von einem halb so starken Rückgang ausgegangen. Auch die Krise in Rußland könnte nach Ansicht von Konjunkturforscher Arne Heise vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut in Düsseldorf zu dem schwachen Abschneiden der ostdeutschen Wirtschaft beigetragen haben, die traditionell enge Beziehungen zu russischen Unternehmen hat und nicht erst seit dem akuten Währungsverfall Schwierigkeiten beim Export feststellen mußte. Die Industrie- und Handelskammern in Ostdeutschland verzeichnen seit Januar rückläufige Zahlen.

Im Westen dagegen zeichnen sich kaum Probleme ab. Die auffallende Differenz der gesamtdeutschen Zahlen zu denen des ersten Quartals erklärt sich aus Sondereffekten: In den ersten drei Monaten dieses Jahres gab es zwei Arbeitstage mehr als im Vergleichszeitraum – also auch mehr Zeit zum Produzieren. Von April bis Ende Juni war es genau umgekehrt. Außerdem hatten private Verbraucher wie auch Unternehmen teure Käufe ins erste Quartal vorgezogen, weil die Mehrwertsteuer zum 1. April erhöht wurde. Beate Willms

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