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Frühstücksvergnügen aus Meck-Pom

■ Karstadt-Werbeaktion für den „Aufbau Ost“

Ein Sechstel seines Lebensmittelumsatzes, so hofft der Karstadt-Absatzleiter Wolfgang Lücke, kann das Warenhaus in diesen Tagen mit Produkten aus Mecklenburg-Vorpommern machen. Eine großangelegte Werbeaktion, angeregt durch den Wirtschaftsminister Günter Rexroth und finanziert zur Hälfte aus staatlichen Töpfen, macht's möglich.

Fisch-Konserven, Honig, Obst und Gemüse, Lübzer Salami, Starkbier aus Rostock, Korn, Marmelade-Ersatz unter dem Namen „Frühstücksvergnügen“ – eigentlich gibt es alles aus dieser Region, was man so täglich braucht. Die Firmen in den alten Bundesländern haben ihre Technik und ihre Patente an die neuen Ost-Töchter verkauft, den Rügen-Fisch unterscheidet nicht einmal die Dose von Havesta. Selbst die Preise im unteren Mittel sind nichts Besonderes. Der Lohnkostenvorteil kann nicht zum Absatzvorteil werden, sagte der Schweriner Staatssekretär Hermann Steitz bei der Präsentation der Aktion in Bremen, weil die hohen Investitionen mit ihren Zins-belastungen die Firmen in den neuen Bundesländern drücken.

Also muß Mecklenburg-Vorpommern mit seinem Image den Verkauf fördern, ist die Schlußfolgerung der Marketing-Leute. „Hier schmeckt–s“ ist das Motto der Werbeaktion. Daß das „Stralsunder Mineralwasser“ genauso gut schmeckt wie anderes, ist selbstverständlich, erklärte der Karstadt-Chef Günter Kirsch, als der seine Bremer Werbeaktion eröffnete, „man kauft die Flasche.“ Und die ist wirklich gelungen in ihren Formen. Ob die Blutwurst im Einweckglas vom Design her die westliche Konsumentin auch so anspricht, wäre dagegen zu bezweifeln. Und warum heißt der Rügen-Fisch“ nicht „Rügen-Frisch-fisch“? Auf den Produkt-Etiketten wirbt die Lebensmittelindustrie aus Mecklenburg-Vorpommern noch zu wenig damit, daß es sich da um das Bundesland mit dem größten Reichtum an Naturschutzflächen und Seeadlern handelt.

Was aus der Werbewoche dauerhaft den Weg in die Regale findet, das hängt zunächst vom wirtschaftlichen Erfolg ab. Und dann müßte das neue Produkt „gelistet“ , d.h. in die zentrale Karstadt-Hertie-“Liste“ aufgenommen werden, aus der allein die Filialen ihre Ware beziehen können. So herrschen die großen Warenhaus-Ketten über den Erfolg der Produktionsfirmen.

Die großzügigen Zuschüsse der Schweriner Landesregierung für die Karstadt-Werbung fördern da vielleicht auch ein wenig die Bereitschaft, dem „Aufbau Ost“ eine Chance zu geben. K.W.

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