„Corpsgeist und Rechtsbeugung“

■ Mord von Tonndorf: Strafanzeige gegen Staatsanwaltschaft

Geahnt hat er es schon immer. Nun sieht sich Frank-Michael Bauer bestätigt: „Die Hamburger Jusitz ist nicht gewillt, in ihren Reihen zu ermitteln, um mögliche Straftatbestände unparteiisch und vorbehaltlos aufzuklären“, schimpft er. Und will der Jusitz nun Beine machen. Der Vorsitzende der Statt Partei in Bergedorf kündigte gestern an, Strafanzeige gegen die Staatsanwaltschaft zu stellen. Denn diese hatte nicht die Freilassung der beiden Jugendlichen aus der U-Haft verhindert, die im Sommer den Tonndorfer Lebensmittelhändler Willy Dabelstein ermordet hatten.

Bauers Empörung über den „Corpsgeist“ innerhalb der Hamburger Justiz geht zurück auf seinen ersten Versuch, jemanden für den Tod des Lebensmittelhändlers zur Verantwortung zu ziehen. Kurz nach der Tat hatte Bauer schon einmal eine Strafanzeige formuliert. Die richtete sich gegen den Richter, der die beiden aus der Untersuchungshaft entlassen hatte, obwohl sie bereits eine ganze Palette an Straftaten begangen hatten. Dadurch hätte der Richter eine fahrlässige Tötung sowie Rechtsbeugung begangen, fand Bauer. Die Staatsanwaltschaft hingegen fand das nicht. Sie stellte die Ermittlungen ein. „Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ für eine Verfehlung des Gerichts gebe es keine.

Daß Bauer nun die Staatsanwaltschaft in den Mittelpunkt seiner Kritik rückt, liegt an einer Erklärung, die ein Ermittler jüngst gegenüber einer Tageszeitung abgegeben hatte. Er hatte verraten, daß die Staatsanwaltschaft den Beschluß gefaßt habe, in Jugendstrafverfahren häufiger gegen die Freilassung aus der Untersuchungshaft zu protestieren. Dadurch, so Bauers Schlußfolgerung, hätte die Staatsanwaltschaft eingeräumt, in der Vergangenheit eben nicht konsequent genug Rechtsmittel eingelegt zu haben.

Im Falle der beiden Jugendlichen von Tonndorf sei das Verhalten der Staatsanwaltschaft deshalb scharf an der Grenze zur Mittäterschaft oder Beihilfe an der Tötung des Lebensmittelhändlers. ee