: Investoren drängen auf den Pfefferberg
Gesellschafter der Tucher Bräu AG und Immobilienentwickler wollen Geld in das soziokulturelle Zentrum stecken. Laut Senat ist noch nichts entschieden. Kleinbetriebe auf dem Gelände befürchten Verdrängung ■ Von Kathi Seefeld
Mit ihren Ambitionen zur Gestaltung des ehemaligen Brauereigeländes Schönhauser Allee 176 ist die gemeinnützige Stadtkulturgesellschaft Pfefferwerk nicht mehr allein. Der Gesellschafter der Tucher Bräu AG in Nürnberg, Jannik Inselkammer, und der Münchener Immobilienentwickler Dr. Christoph Dross wollen in Prenzlauer Berg, auf dem Pfefferberg, investieren. Wie Helmut John, Sprecher der Oberfinanzdirektion (OFD), gegenüber der taz sagte, sei das Angebot nach fehlgeschlagenen Ausschreibungen für das 1,2 Hektar große Areal ein „absoluter Glücksfall“. Die Unternehmer, so John, seien der OFD „regelrecht zugelaufen“. Inselkammer und Dross brächten nicht nur privates Geld, sondern grundlegende Erfahrungen bei der Sanierung ähnlicher Projekte, wie der Kulturbrauerei Nürnberg oder im Dresdener Vorort Radebeul, mit. „Die von den Investoren vorgesehene Nutzung stimmt darüber hinaus mit den bisherigen Plänen des Pfefferwerks fast identisch überein.“
Für das Gelände der ehemaligen Brauerei Pfeffer, das zu je fünfzig Prozent dem Bund und Berlin gehört, zeichnet sich eine Lösung ab. Dabei soll es zunächst insgesamt Eigentum des Landes werden. Über die Modalitäten hüllt sich die Senatsverwaltung für Finanzen zwar noch in Schweigen. Klar ist jedoch, daß für den Erwerb der ideellen Pfefferberg-Hälfte wie für viele andere Dinge auch kein Geld in der Berliner Haushaltskasse vorhanden sein dürfte. So ist davon auszugehen, daß dem Bund im Austausch eine ähnliche Immobilie bzw. Immobilienhälfte angeboten wird.
Die OFD drängt mittlerweile auf eine Entscheidung. Sie will nach Jahren zäher Bemühungen das marode Brauerei-Objekt endlich loswerden. Dabei, und dies sei keine Geheimnis, so OFD-Sprecher Helmut John, interessiere sie lediglich der „rein fiskalische“ Aspekt. Im abgegebenen Angebot lagen Inselkammer und Dross bereits zwei Millionen Mark höher als die Pfefferwerker.
Von der potentiellen Konkurrenz unbeeindruckt gibt sich unterdessen der Geschäftsführer der Pfefferwerk GmbH, Heinrich Pieper. „Das Land Berlin“, ist sich Pieper sicher, „will unser Konzept.“ Letzteres geht von der Gründung einer Stiftung Pfefferwerk aus, der die Brauerei-Liegenschaft als Stiftungsvermögen übereignet wird. Zentrales Ziel soll neben der Wahrnehmung von Eigentumsrechten jedoch vor allem die Schaffung bzw. Erhaltung regionaler Arbeitsplätze durch die Stiftung sein. Die Chancen, dafür ab dem 1. Januar 2000 Gelder von der EU zu bekommen, stehen nach Auffassung Piepers günstig, da Fördermittel künftig verstärkt an regierungsunabhängige Organisationen vergeben werden. Genau aus diesen Gründen favorisiert auch der Bezirk Prenzlauer Berg das Stiftungsmodell.
Der Münchener Immobilienentwickler Christoph Dross hat Verständnis für „die älteren Rechte“ der Pfefferwerker. „Für Jannik Inselkammer und mich ist klar, daß es eigentlich nur ein gemeinsames Konzept geben kann. Wir wollen mitgestalten, nichts blockieren.“
Ob sich Dross und Inselkammer auch in das vom Pfefferwerk geplante Stiftungsmodell einbringen könnten, ist offen. Danach soll das gesamte Brauereigelände in mehrere Teile zergliedert und jeweils von Investoren auf der Basis von Erbbauverträgen entwickelt werden. Für die Sanierung der Gebäude wurden im Pfefferwerk- Konzept nach Aussagen Heinrich Piepers drei Jahre veranschlagt. „Die Trockenlegung der Gärkeller könnte im nächsten Jahr beginnen, wird aber voraussichtlich fünf Jahre dauern.“
Die derzeitigen Mieter sehen dem Verkauf des Brauereigeländes mit Argwohn entgegen. „Gut ist, daß wir dann vielleicht endlich einen konkreten Ansprechpartner haben“, meint Anna Weber vom Architekturbüro Orange. „Uns wäre es aber am liebsten gewesen, unserem Antrag auf Nichtveräußerung wäre entsprochen worden. Wir hätten weiter bei billigen Mieten auf dem Gelände arbeiten können und die Brauerei im Laufe von 15 Jahren Stück für Stück saniert.“ Nunmehr, so die Architektin, mache es für die meisten Mieter keinen Unterschied, ob der Pfefferberg an einen einzigen Investor vergeben werde, der Geld mitbringt, oder ob mehrere private Investoren jeweils ein Stück des Areals umgestalten. „Unser Büro hat nicht die Mittel, selbst als Investor aufzutreten“, erklärt Weber.
So fürchtet das Gros der kleinen Unternehmen, das heute auf dem Brauereigelände Büros und Werkstätten gefunden hat, eine Verdrängung ihres Gewerbes durch die Sanierung. Eine Bildhauerwerkstatt hat dem Pfefferberg bereits den Rücken gekehrt. Ende des Jahres laufen die Mietverträge für alle wieder einmal aus. Nur ist dieses Mal unklar, so Anna Weber, ob sie verlängert werden.
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