: Garagen-Neurosen
■ It's spooky: Die Galerie Rampe 002 präsentiert Werke von Johnston und Fair
Der Mann ist nicht gerade das, was man einen erfolgreichen Künstler nennt. Daniel Johnston, 36 Jahre, wohnt bei seinen Eltern bei Austin, Texas, und bannt in einer kleinen Garage seine merkwürdigen Folksongs auf vier Spuren. In der US-Musikszene um Bands wie Sonic Youth, Moe Tucker und Half Japanese wurde er bekannt wegen seiner Coverillustrationen und nicht zuletzt, weil Kurt Cobain 1992 bei MTV ein „Hi, how are you, Daniel Johnston“-T-Shirt trug.
Er ist manisch, mußte wegen psychischer Zusammenbrüche und gewalttätiger Anfälle immer wieder Zeit in Krankenhäusern verbringen. Aber seine Musik und seine Filzstiftzeichnungen, denen die Galerie Rampe 002 jetzt eine Ausstellung widmet, zeigen eine seltsame Mischung aus naiver Mein-Leben-als-Comic-Attitude und scheinbarem Durchblick. Unproportionierte, amerikanische Superhelden sprechen darin zum Betrachter. Casper, der freundliche Geist, fliegt wie ein dickes Baby herum und schlägt sich mit froschartigen Ungeheuern und hohlköpfigen Boxern. Und immer wieder geht es um ihn selbst, Daniel, der durch seine Cartoons seine Innenwelt zu illustrieren scheint. In seinem Leben gab es zahlreiche Chancen, Plattenverträge mit amtlichen Firmen, Leute, die ihn „herausbringen wollten“, abzuschließen. Aber Johnston, der notorische Poet, über den mal jemand sagte, „er weiß einfach nicht, wie man eine normale Person ist“. Das ist seine Stärke. Zusammen mit Jad Fair von Half Japanese, der mit quäkender Stimme anrührende, obskure Songs von listigen Schutzengeln und der Liebe singt, hat Johnston eine CD aufgenommen, in deren Titel deutlich klar wird, was das Faszinierende am einsamen Hünen Johnston und am Woody-Allen-Double Fair ist: „It's spooky“ heißt sie, es ist gespenstisch, gruselig, aber dabei fesselnd.
Fair hat in der Rampe 002 aber auch Scherenschnitte ausgestellt, schön hinter Glasrahmen hängen sie im hellen Galerieraum der ehemaligen Glühlampenfabrik und bringen die Besucher zum Lachen. Die männchenartigen Schnitte heißen Lincoln, Washington, Carter und Nixon oder John, Paul, George und Ringo. Beatles-Fans sind sie beide, und Beatles als Therapie kennt man vom Berliner Klaus Bayer, dem ehemaligen Kerzenzieher und eigenwilligen Beatles-Interpreten („Obladi, oblada, es beginnt ja“).
Jad Fair hat sich bereit erklärt, im Rahmen der Ausstellung eines seiner atmosphärischen, irritierenden Konzerte zu gehen, er kommt zwischen Plattenaufnahmen und einer Tour mit „Yo la Tengo“ für einen Auftritt nach Berlin. Johnston kann leider nicht kommen, aber es gibt ein Video vom einzigen Auftritt in Europa, und man kann seine musikalischen Kleinode auf Tapes mit liebevoll gestalteten Covern kaufen. Jennifer Zylka
Rampe 002, Schlegelstr. 26/27, Fr.–So. 16–20 Uhr, Solo-Konzert Jad Fair: 17.10., 21 Uhr, Support: Klaus Cornfield (Throw that beat)
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