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Die Katze auf dem Porsche oder: VerbalzapperInnen Von Karl Wegmann

„Wem gehört denn der Porsche da vor der Tür?“ frage ich, als ich zu der feuchtfröhlichen Truppe stoße. Irgendwie geht die Frage unter, aber Willy sagt: „Habt ihr das mit der Katze auf dem Porsche gelesen? Da hat einer seinen Nachbarn verklagt, weil angeblich dessen Kater auf seinem Porsche spazierengegangen ist und Kratzer hinterlassen hat...“ „Kann mal einer die Heizung anmachen“, verlangt Hermann. „Das Amtsgericht Celle hat die Katze aber freigesprochen“, lächelt Willy. „Kennt ihr die Geschichte von Professor Ferdinand Porsche?“ fragt Bernd. „Da stellt sich doch der geniale Autokonstrukteur vor seine Studenten und behauptet: ,Das beste Thermometer ist immer noch die Hand‘, packt ein Auspuffrohr an und verbrennt sich prompt die Flosse...“ „Katzen sind ja auch gut fürs Gemüt“, behauptet Moni. „Das wäre einer Bettwanze nie passiert“, wirft Willy ein, „deren Empfindungsvermögen für Wärme und Kälte ist unserem nämlich haushoch überlegen...“ „Kann mal einer die Heizung anmachen“, sagt Hermann. „Katzen können sogar den Psychotherapeuten ersetzen...“, meint Moni. „Ich kenn' das von Läusen...“ sagt Bernd. „Heizung“, sagt Hermann. „Ja genau“, fährt Bernd fort, „afrikanische Medizinmänner benutzen Läuse als Fieberthermometer...“ „Katzen vermitteln Lebensfreude...“, sagt Moni. „Wenn man einer Bettwanze die Augen lichtdicht verklebt...“, versucht Willy zu dozieren. Bernd: „Läuse sind nämlich außerordentlich feinfühlig bezüglich ihrer Lieblingswärme...“ „Jawohl, Lebensqualität!“ Moni wird etwas laut. „Dann läuft sie in wenigen Zentimetern Abstand ständig hinter einem menschlichen Finger oder anderen warmen Gegenständen her...“ „Sobald ihr Patient Über- oder Untertemperatur bekommt, verlassen ihn die kleinen Blutsauger und siedeln auf gesunden Menschen...“ „Was ist nun mit der Heizung?“ „Oder Stechmücken, Stechmücken sind toll...“ „Das hat nämlich eine Studie der Uni Bonn ans Licht gebracht...“ „Das zeigt doch, daß afrikanische Medizinmänner gar nicht so blöd sind: Läuse gleich Patient gesund; keine Läuse, Patient ist krank...“ „Fünf Hundertstel Grad Celsius auf ein Zentimeter Abstand im Luftraum.“ „Also jetzt mach' ich selber die Heizung an.“ „Katzen sind für viele Sachen gut, habt ihr das mit dem Selbstmord im Löwengehege gelesen...“ „Ich sag's ja immer, an diesen alternativen Heilmethoden is' durchaus was dran...“ „Gottfried fährt ja jetzt auch Porsche...“ „Wo ist denn der verfluchte Schalter für die Heizung...“ „Obwohl das natürlich eindeutig Katzenmißbrauch ist...“ „Sollen wir Gottfried mal besuchen...“ „Au ja, und wir nehmen Willys Kater mit...“ „Fische haben ein mindestens ebenso feines Temperaturempfinden...“ „Was kostet eigentlich so ein Porsche...“ „Katzen stiften auch Trost...“ „Warum springt diese scheiß Heizung nicht an...“ „Berührt ihr Kopf Wasser, das nur drei Hundertstel Grad wärmer ist als das Wasser, das ihren Körper umgibt...“ „Wo wohnt Gottfried denn eigentlich...“ „Jetzt, jetzt wird sie warm!“ „Hört mir hier eigentlich jemand zu?“ brüllt Moni völlig überraschend. Und plötzlich schweigt alles.

Das ist genau der richtige Zeitpunkt, in dem ich mich in die gepflegte Unterhaltung einschalten kann: „Ist noch Bier da?“ frage ich. Und das bringt erwartungsgemäß das Gespräch wieder in Gang.

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